Jane Gardam: „Mädchen auf den Felsen“
Jane Gardams feiner Debütroman „Mädchen auf den Felsen“, jetzt erstmals auf Deutsch.
Man schreibt das Jahr 1936. Das Jahr, als die achtjährige Margaret einen Bruder bekommt, den sie nicht mag, und die dralle Lydia in das Leben der Familie Marsh tritt, um es auf den Kopf zu stellen.
„Margaret liebte Lydia – oder jedenfalls liebte sie Lydias Anblick, verschlafen und sonnig wie im Film, mit einem riesigen blonden Haarschopf.“ Jeden Mittwoch unternehmen die Achtjährige und das Dienstmädchen einen gemeinsamen Ausflug ans Meer, damit sich Margaret nach der Geburt des Bruders nicht zurückgesetzt fühlt. „An diesem ersten Mittwoch trug Lydia ein Kleid aus königsblauem Satin mit roten und gelben Blumen, einen dazu passenden Bolero, hohe Absätze und schimmernde Seidenstrümpfe in der Farbe von reifem Getreide.“ Ein gewagtes Outfit, erst recht, wenn man für strenggläubige Leute arbeitet, die für keinen Spaß zu haben sind.
So dauert es nicht lange, bis die lebenslustige Lydia für Unruhe sorgt im Haus der frommen Bankiersfamilie Marsh. Die gehört der Gemeinschaft der Saints an und glaubt Eins zu Eins, was in der Bibel geschrieben steht. „Margaret, ich denke, du solltest nicht über Dinosaurier sprechen“, warnt Elinor (Ellie) Marsh ihre Tochter, als die die Thesen moderner Evolutionsforscher aus der Schule mitbringt. „In diesem Haus glauben wir, dass Gott uns, so wie wir sind, in die Welt gesetzt hat, Adam und Eva im Garten Eden, damit wir all das Schöne miteinander teilen können, das Gott gemacht hat.“
Doch auch Elinor Marsh hat durchaus Zweifel an den Thesen der Saints, wie sich im Laufe dieses Sommers zeigen wird. Von der wachsenden Distanz zu ihrem stocksteifen, frömmelnden Ehemann ganz zu schweigen. „Ich hab es satt. Ich hab es so satt“, pfeift sie einen verdutzten Kenneth Marsh eines Nachmittags beim Tee an. „Ich hab den Himmel satt, und dich habe ich auch satt.“
Das Buch
Jane Gardam: Mädchen auf den Felsen. Roman. A. d. Engl. von Isabel Bogdan. Hanser Berlin 2022, 222 S., 22 Euro.
Weiterlesen:
https://www.fr.de/kultur/literatur/jane-...t-91527316.html
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