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Jan Faktor : Trottel

#1 von Sirius , 21.09.2022 16:55

Jan Faktor : Trottel

Jan Faktor verarbeitet in seinem autobiografischen Roman „Trottel“ den Tod seines Sohnes – und die DDR. Und behauptet sich damit als wortgewandter Gegenwartsautor.

Die Figur des Schelms ist, gerade in der tschechischen Literatur, eine etablierte Größe. Auf seine schlawinerhafte Weise ist der Schelm ein Souverän seines Lebens. Das aber ist Jan Faktor gerade nicht. Deshalb zieht er in seinem neuen autobiographischen Werk die Bezeichnung „Trottel“ vor. Der Trottel hat viel vom Schelm, er präsentiert sich als vom Glück verfolgter Lebenskünstler, aber es gibt da auch eine dunkle Seite des Versagens und Versäumens. Trotteltum als Schicksal und Fluch, wie es einer der härtesten Sätze dieses Buches formuliert: „Mein Sohn wurde genauso wie ich als Trottel geboren, er kämpfte dagegen ehrenhaft und lange genug an – und er hat sich schließlich aus Scham über sein in eine Sackgasse geratenes Trotteltum umgebracht.“

Jan Faktors einziger Sohn hat vor zehn Jahren mit Anfang dreißig Selbstmord begangen. Dieses Unfassbare ist das zentrale dunkle Motiv des Romans. Ein Vater erzählt von der Katastrophe seines Lebens, die er lange nur mit vielen Medikamenten durchstehen konnte, bis das wirksamste Medikament ein wenig half: die vergehende Zeit. Es dauerte Jahre, bis er darüber schreiben konnte.
In behutsamem Ton vergegenwärtigt er nun die Leidensgeschichte des psychisch kranken Sohnes, berichtet von der frühen Verdüsterung des mal engelhaft, mal wie ein besorgter Greis wirkenden Kindes, von seinen jugendlichen Depressionen und Manien, seinen eigenwilligen Versuchen, mit dem Chaos des Lebens zurande zu kommen. Bis schließlich „alles um ihn zu bröckeln begann“. Auch wenn Faktor sich nicht in Schuldfühlen ergeht, bezeichnet er sich einmal doch als „Vererber und Verderber“.
Umso erstaunlicher, dass „Trottel“, von den Sohn-Kapiteln abgesehen, ein höchst übermütiges Werk ist, wie schon Faktors 2006 erschienenes Debüt „Schornstein“, eine furiose Patientenbeichte, die von einem tragikomischen, an Michael Kohlhaas erinnernden Feldzug gegen die Gesundheitsbürokratie handelt. Mit diesem „Kassenkampf“-Roman hat sich Faktor als Prosa-Größe der deutschen Gegenwartsliteratur etabliert; die Mischung aus grotesken, peinlich-peinigenden Details und Sprachwitz wurde zu seinem Markenzeichen.

Jan Faktor: Trottel. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2022, 400 S., 24,- Euro

Weiterlesen:

https://www.tagesspiegel.de/kultur/jan-f...ie-8661817.html


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Sirius
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