Privatisierung mit Pfiff. Veräußerte Uniklinik Gießen Marburg kostet die Allgemeinheit ein Vermögen.
Vor 16 Jahren verhökerte Roland Koch das Uniklinikum Gießen Marburg an die Rhön AG. Sein Versprechen: Die Standorte stehen auf eigenen Beinen, der Privateigner baut sie aus und der Staat ist fein raus. Tatsächlich flossen weiter Landesmittel in dreistelliger Millionenhöhe, während der Normalbetrieb den Bach runter ging, die Beschäftigten ächzten und die Aktionäre sich die Finger leckten. Die neuen Besitzer von Asklepios wollen jetzt noch mehr herausholen und legen der Politik die Damenschrauben an. Die Landesregierung müsse den Löwenanteil an Investitionen stemmen und den Konzernbossen freie Hand beim Profitmachen geben. So wie es aussieht, kommen sie damit durch. Ralf Wurzbacher.
Mit Privatisierungen ist das bekanntlich so eine Sache: Staatliches Eigentum geht in den Besitz von Unternehmen über, die damit Profite generieren. Aber nicht selten steckt der Staat weiter munter Geld in den Laden, der gar nicht mehr seiner ist, oder holt die Kastanien aus dem Feuer, wenn der Betrieb vor die Wand gefahren wird. Vor allem dann und sehr häufig verhält es sich so, wenn Bereiche der Daseinsvorsorge berührt sind, etwa Straßenbau oder die Gesundheitsversorgung. Am Ende muss die Politik ja doch immer irgendwie sicherstellen, dass Autos weiterfahren und Kranke wieder genesen können – wofür dann eben die Steuerzahler einstehen müssen. Eine gängige Parole, die das treffend beschreibt, lautet: Gewinne werden privatisiert, Verluste vergesellschaftet.
Bestes Anschauungsmaterial für derlei Vorgänge liefert das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM). Hessens frühere Landesregierung unter Roland Koch (CDU) hatte die davor eigenständigen Krankenhäuser 2005 zunächst fusioniert und ein Jahr später privatisiert. 95 Prozent der Geschäftsanteile wurden an die Rhön-Klinikum AG veräußert, zu einem Spottpreis von 112 Millionen Euro. Fünf Prozent verblieben beim Land, eher aus Scham denn aus materiellem Interesse, denn faktisch erwächst aus dem kümmerlichen Mitbesitz keinerlei Einfluss auf die Geschäftsführung.
Die Kritiker des Deals ließen sich dadurch schon gar nicht besänftigen. Die hierzulande erste und bislang einzige Privatisierung einer Uniklinik löste seinerzeit einen Sturm des Protests aus: Es gab Bürgerinitiativen, Demonstrationen, den Vorstoß zu einem Volksbegehren und Klagen bis hoch zum Bundesverfassungsgericht. Der Unmut unter den Beschäftigten hielt all die Jahre bis heute an, ohne dass sich dadurch an den miserablen Zuständen im Klinikbetrieb etwas geändert hätte. Im Gegenteil: Seit die Rhön AG 2020 durch die Asklepios-Kliniken-Gruppe übernommen wurde, ist es um die Stimmung in Belegschaft und Bevölkerung noch schlechter bestellt. Jan Schalauske, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Wiesbadener Landtag, brachte die Situation am Donnerstag gegenüber den NachDenkSeiten auf den Punkt: „Mit der Rhön AG war es schlimm. Mit Asklepios ist es alles noch schlimmer.“
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