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Jean Gabin: Gräser der Nacht

#1 von Sirius , 05.12.2022 17:05

Jean Gabin: Gräser der Nacht

 Mit „Gräser der Nacht“ führt uns der Nobelpreisträger Patrick Modiano einmal mehr anmutig ins Ungefähre

Dieser Schriftsteller verfasst seit Jahrzehnten immer neue und kunstvolle, im Kern aber gleiche Variationen seines Lebensbuchs. Seit seinen Anfängen Ende der 60er Jahre folgt Patrick Modiano geradezu obsessiv einem poetologischen Programm: der szenischen oder motivischen Wiederholung. Der Zeitungshinweis auf eine vor langer Zeit als verschwunden gemeldete junge Frau, ein scheinbar achtlos in einem Hotelzimmer zurückgelassener Lederkoffer oder ein verschwundener Korb mit kandierten Früchten genügen, um das Erzählen des Autors in Gang zu setzen – ein beharrliches Beschwören des Vergangenen, das programmatische Sätze wie diesen gebiert: „Er war auf der Suche nach einer verlorenen Unschuld, auf der Suche nach Orten, die für das Glück und die Sorglosigkeit gedacht waren, wo man aber von nun an nicht mehr glücklich sein konnte.“

Für die deutschsprachigen Leser 1985 von Peter Handke entdeckt, gilt Modiano in seiner Heimat schon lange als der Spuren- und Fährtenleser unter den großen Erzählern. Der 1945 im Pariser Vorort Boulogne-Billancourt geborene Schriftsteller ist ein zurückgezogen lebender, gleichwohl scharfsinniger Beobachter, der uns in seinen wie hingetupft anmutenden Romanen in eine versunkene Nachkriegsära zurückversetzt, in der Édith Piaf, Jean Gabin oder Charles Aznavour die Bühne betraten, der Schwarzhandel blühte – und die Träume noch in Schwarzweiß zirkulierten.
Patrick Modiano entwirft von Beginn an literarische Vexierspiele, in denen nichts so ist, wie es uns erscheint. Es sind geheimnisvoll in sich changierende Stimmungsgemälde, die uns aus den Filmklassikern der Nouvelle Vague vertraut erscheinen.

Von dieser schönen Illusion handelt auch sein neuer, kunstvoll in sich verspiegelter Roman Gräser der Nacht, den Elisabeth Edl erneut behutsam ins Deutsche übertragen hat. „Es handelt sich um Episoden eines geträumten, zeitlosen Lebens, die ich Seite um Seite dem trüben Alltagsleben entreiße“, heißt es da. Modiano lesen heißt also, in den Erinnerungen und Träumen dieses Autors mitzugehen, heißt, zu seinem Gefährten werden bei seiner Suche nach den verlorenen Lebensgeschichten.

Gräser der Nacht entrollt die Geschichte des Schriftstellers Jean Terrail, der – wie könnte es bei Modiano anders sein –, von wiedergefundenen Einträgen in seinem „Schwarzen Notizbuch“ dazu animiert, dem Verbleiben einer jungen Frau nachspürt. Mit der geheimnisvollen, undurchsichtigen Dannie verband den Erzähler 1964 eine kurze Liebesgeschichte. Doch mit ihrem jähen Verschwinden hatte sich ihre Spur nur ein Jahr später bereits wieder verloren.
Leichthändig verwirbelt Modiano die episodisch aufbereiteten Erinnerungen an Dannie und eine Gruppe sinistre Männer, die Jean im Unic Hotel in Montparnasse kennenlernt, mit dem, was Jean aus heutiger Sicht, Jahrzehnte später, dazu zu sagen hat. Dabei werden die Mitglieder der Montparnasse-Bande, wie der Ermittler Langlais die Männer im Buch einmal nennt, am Ende – in einer Verschränkung aus Fakten und Fiktion – als Drahtzieher der Ermordung des am 29. Oktober 1965 in Paris entführten und später erschossenen marokkanischen Exilpolitikers Ben Barka entlarvt.

Weiterlesen:

https://www.freitag.de/autoren/der-freit...bin-da-im-nebel


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Sirius
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