Streit über heimliche Entmachtung der Staatsanwältin
Deutschlands führende Ermittlerin im Cum-Ex-Skandal soll offenbar gegen ihren Willen Fälle abgeben. Nach Recherchen des WDR kritisiert NRWs ranghöchster Staatsanwalt diese Pläne - und bringt den Justizminister in Erklärungsnot.
Von Massimo Bognanni und Daniela Becker, WDR
Im Herbst 2013 landete der erste Cum-Ex-Fall auf Anne Brorhilkers Schreibtisch. Seitdem ermittelt die Oberstaatsanwältin gegen Banker, Berater und Aktienhändler, die sich Milliarden an Steuern erstatten ließen, die sie zuvor nicht gezahlt hatten. Die ersten wegweisenden und inzwischen rechtskräftigen Urteile des größten deutschen Steuerskandals beruhen vor allem auf Brorhilkers Anklagen.
Inzwischen leitet sie eine Hauptabteilung, ermittelt mit 30 Staatsanwältinnen sowie Kriminalbeamten und Steuerfahndern gegen mehr als 1.700 Beschuldigte. In Brorhilkers Hauptabteilung H stapeln sich die brisanten Fälle: Ermittlungen gegen die einstigen Verantwortlichen der Landesbanken WestLB und HSH Nordbank etwa, die trotz ihrer staatlichen Eigentümer im Verdacht stehen, ordentlich in die Staatskasse gegriffen zu haben.
Auch Cum-Ex-Fällen bei Großbanken und internationalen Investmentbanken spürt Brorhilker nach, und sie brachte zuletzt auch den Hamburger Cum-Ex-Skandal rund um die Privatbank MM Warburg vor Gericht, der längst auch Fragen nach der Rolle des damaligen Ersten Hamburger Bürgermeisters und heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz aufwirft.
Seit Anfang der Woche sitzt der einstige Warburg-Chef Christian Olearius auf der Anklagebank. 2021 wurde die Strafverfolgerin in Köln zur Hauptabteilungsleiterin befördert. Das US-Medienhaus Bloomberg zählte sie im gleichen Jahr zu den 50 wichtigsten Persönlichkeiten weltweit.
Trotz ihrer Erfolge soll Brorhilker nun offenbar entmachtet werden. So plant der derzeitige Leiter der Staatsanwaltschaft Köln, die von Brorhilker geleitete Hauptabteilung aufzuteilen. Die Oberstaatsanwältin müsste wohl die Hälfte ihrer Mitarbeiter und Fälle abgeben. Die zweite Hauptabteilung soll von einem in Sachen Cum-Ex bislang unerfahrenen Staatsanwalt übernommen werden, der bislang im Justizministerium das Referat für Jugendstrafrecht leitete. Über die Pläne berichtete zuerst das "Manager Magazin".
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https://www.tagesschau.de/investigativ/n...schaft-100.html
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