Der Schweizer Überwachungsstaat
Der Bund überwacht uns alle
Vor der Abstimmung zum Nachrichtendienstgesetz versprach der Bundesrat: Eine flächendeckende Überwachung der Bevölkerung wird es nicht geben. Doch heute ist die Kabelaufklärung genau das: ein Programm zur Massenüberwachung. Die Serie zum Schweizer Überwachungsstaat
Als im Juni 2013 der britische «Guardian» die Aussagen von Edward Snowden publik machte, stand die Welt für einen Moment still. Die Enthüllungen von Snowden, seines Zeichens Ex-Dienstleister des US-amerikanischen Auslandsgeheimdienstes NSA, bestätigten die schlimmsten Befürchtungen: Die amerikanischen Geheimdienste lesen nach Belieben mit, wie wir über E-Mail kommunizieren oder nach welchen Begriffen wir suchen. Sie wissen Bescheid über unsere Ängste, unsere Träume und Wünsche, über unsere intimsten Geheimnisse. Snowden konnte diese Massenüberwachung umfangreich dokumentieren. Seither wird er von den USA wegen Verstosses gegen den «Espionage Act» per Haftbefehl gesucht. Er lebt in Moskau im Exil.
In den Jahren darauf haben Geheimdienste anderer Länder diese Überwachungspraxis kopiert, die Regierungen haben sie in nationale Gesetze gegossen. So auch die Schweiz. Der Abstimmungskampf rund um die Revision des Nachrichtendienstgesetzes im Jahr 2016 fiel heftig aus. Die Juso, die Grünen, die SP und die Piratenpartei fuhren schweres Geschütz auf, redeten vom «Schnüffelstaat» und von «Mini-NSA». Manche Gegnerinnen der Gesetzesrevision warnten gar vor einem Fichenstaat 2.0.
Die umstrittenste Änderung betraf die sogenannte «Kabelaufklärung». Es ist genau jene Methode, die Snowden bei der NSA publik gemacht hatte: die Überwachung der Kommunikation über Internet-Kabelnetze im Auftrag des Nachrichtendiensts. Dabei wird die Kommunikation standardmässig nach bestimmten Suchbegriffen – oder sogenannten «Selektoren» – durchsucht: Das können etwa spezifische Informationen zu ausländischen Personen oder Firmen sein, Telefonnummern beispielsweise, es können auch Bezeichnungen für Waffensysteme oder Technologien sein. Wird ein Begriff gefunden, wird die entsprechende Nachricht an das ZEO weitergeleitet, das Zentrum elektronische Operationen des Verteidigungsdepartements, das in der Berner Gemeinde Zimmerwald beheimatet ist.
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