Timon Karl Kaleyta: Heilung
In seinem neuen Roman "Heilung" zeigt Timon Karl Kaleyta einen Mann, der nicht mehr schlafen kann und dadurch nutzlos wird. Seine Frau lagert ihn in ein Luxusresort in den Dolomiten aus.
von Lisa Kreißler
Sanatoriumsromane verströmen einen besonderen Reiz für den Leser. Ob in Thomas Manns "Zauberberg" oder in der weniger bekannten, wunderschönen Erzählung "Untertauchen" der russischen Schriftstellerin Lydia Tschukowskaja über ein Kurhotel für Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg: Immer wird der Leser zum Mitpatienten und hofft, dass die Behandlung wirkt.
Die Hauptfigur in Timon Karl Kaleytas neuem Roman "Heilung" ist in Symptomatik und Geisteshaltung ein vertrauter Gefährte postkapitalistischer Depression. Ihm geht es eigentlich gut, aber plötzlich kann er nicht mehr schlafen. Nach gescheiterten Versuchen der Selbstheilung schickt seine Frau, eine erfolgreiche Künstlerin, ihn ins San Vita, eine hübschen Privatklinik in den verschneiten Bergen. Leiter Professor Trinkl erklärt dem skeptischen Neuankömmling, dass in seiner Einrichtung keine Kranken behandelt werden:
"Ins San Vita kommen Menschen, die wissen, dass sie gesund sind. Sie haben bereits die besten Ärzte der Welt aufgesucht. Und nun wollen sie von uns bestätigt bekommen, dass auch darüber hinaus alles in Ordnung ist. Sie wollen, wie soll ich sagen, von einem unguten Gefühl befreit werden, von einem Unbehagen, dass sie belastet."
Woher dieses Unbehagen bei seiner Hauptfigur rührt, dem spürt Timon Karl Kaleyta nur provisorisch nach. In der Kindheit gab es die Großmutter, die zärtlich Kriegslieder sang. Ein schlechtes Gewissen meldet sich, weil er auf die Briefe seines Jugendfreundes Jesper nach dem Schulabschluss nicht mehr geantwortet hat. Ein Trauma ist nicht in Reichweite. In der Wahrnehmung seiner Gegenwart bleibt der Ich-Erzähler bedrückend nichtssagend. Professor Trinkl attestiert ihm die Chance, als leeres Blatt noch einmal ganz neu anzufangen. Der Behandlungsmix aus Klopstock-Gedichten, Botox und Foltertechniken im San Vita wird als mysteriöse Kulisse inszeniert.
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