Zwischen Weckruf und Bumerang – psychologische Wirkungen der Demonstrationen gegen Rechtsextremismus
Mit der Teilnahme an den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus ist das befreiende Gefühl wiedererlangter Handlungsmacht und Zusammengehörigkeit verbunden. Die meisten Demonstrierenden und ihre Sympathisanten hoffen, dass die Bewegung nun weitergeht. Eine Art große und konstante „Bürgerwelle“ soll entstehen, die nicht nur gegen rechtsradikale Umtriebe aufsteht, sondern gegen alles, was in der Politik schief läuft. 61 Prozent* der Bevölkerung ab 18 Jahren in Deutschland stimmen der Aussage zu, dass die Demonstrationen ihnen das Gefühl geben, es bewege sich in Deutschland etwas und 29 Prozent* sagen, dass sie an zukünftigen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie teilnehmen werden.
Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen tiefenpsychologischen wie auch bevölkerungsrepräsentativen Untersuchung des Kölner rheingold Instituts zu der psychologischen Wirkung der Demonstrationen gegen Rechtsextremismus im Januar 2024.
Die Medienberichte zur Potsdamer Runde mit ihren völkischen Remigrations-Fantasien war für viele Bürgerinnen und Bürger eine Art Weckruf. „Demonstrierende beschreiben, wie sie dadurch aus ihrer Lethargie und passiv-resignativen Stimmung gerissen wurden, die sie angesichts der multiplen Krisen in den letzten Monaten verspürt haben“, sagt der Psychologe und Institutsgründer Stephan Grünewald. Eine ähnliche Aktivierung wünschen sie sich jetzt von der Politik. In der quantitativen Befragung finden 67 Prozent*, dass die Demonstrationen ein „Weckruf für die Politik“ sind. Viel Kritik erntet die Ampelkoalition. Der ständige Zank in der Koalition nervt, verunsichert und untergräbt das Vertrauen. In der quantitativen Befragung stimmen 70 Prozent* dem Statement zu: „Die Ampel stärkt durch ihre Uneinigkeit die AfD.“
Das gemeinsame Aufstehen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie schafft ein lange vermisstes, gesellschaftliches Wir-Gefühl. Dieses Zugehörigkeitsgefühl verstärkt sich vor allem, wenn man während der Demonstrationen mit unbekannten Gleichgesinnten ins Gespräch kommt. Dieses Wir-Gefühl bestärkt vor allem die Menschen, die sich im Vorfeld der Demonstrationen politisch heimatlos gefühlt haben.
Allerdings beschreiben Demonstrierende auch, dass deren bestärkende und tröstliche Wirkung wieder verpuffe. Schnell fühle man sich wieder in den alten Alltagslasten gefangen, auf sich alleine zurückgeworfen und ohnmächtig bestehenden Krisen ausgeliefert.
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https://www.rheingold-marktforschung.de/...htsextremismus/
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