Sirus bei der Psychologin

P.: „Worüber möchten Sie denn mit mir reden?“

S.: „Ich bin ja nun schon Mitte zwanzig und komme nun langsam in das Alter, wo man sich Gedanken um das Alter macht.“

P.: „Mitte zwanzig, ja?“

S.: „Gefühlt natürlich. Heutzutage wird ja alles gefühlt.“

P.: „Haben Sie denn in den letzten Jahren schon mal in den Spiegel geschaut?“

S.: „Natürlich. Sie reduzieren mich wieder auf meinen Körper. Typisch Frau. Der Körper ist doch nur eine Hülle, die man mit rumschleppt. Die Person darin muss doch nicht das Alter dieser Hülle haben.“

P.: „Sie wollen sagen, Sie fühlen sich wie Mitte zwanzig und wollen nun wissen, wie es ist, wenn die Person in der Hülle so alt ist wie die Hülle jetzt.“

S.: „Irgendwie bin ich genervt.“

P.: „Ich denke, Sie haben das Problem, dass Sie Ihren Körper nicht akzeptieren wollen.“

S.: „Ich denke, Sie wollen mich nicht akzeptieren.“

P.: „Wie soll ich Sie mir denn nun vorstellen? So Mitte zwanzig und hüllenlos?“

S.: „Ich bin ein junger Mann und..“

P.: „Ach?“

S.: „So kommen wir nicht weiter, Sie geben sich keine Mühe und wollen mich partout als sabbernden Greis behandeln.“

P.: „Keineswegs. Ich möchte nur, dass Sie Ihr Alter akzeptieren.“

S.: „Das Alter meines Körpers. Und das ist der Punkt: Sie wollen auch meinen Geist, meine innere Jugend, meinen Intellekt, einfach alles auf antik trimmen.“

P.: „Aber nein. Und es ist doch völlig normal, dass man seinen körperlichen Verfall mit Argwohn betrachtet.“

S.: „Vielleicht sollte ich direkt zum Friedhof gehen.“

P.: „Sie müssen lernen, Ihren Körper zu mögen. Akzeptieren Sie die Falten, die Runzeln, das Geschwabbel, die schlaffe Haut, die Glatze, die Tränensäcke..“

S.: „Was sind Sie eigentlich von Beruf?“

P.: „Das gehört alles zu Ihnen. Sie können sich nicht vor dem Spiegel stellen und sagen: Ich bin schon Mitte zwanzig!“

S.: „Und welches Geschwabbel? Bei mir ist alles fest!“

P.: „Und der Bauch?“

S.: „Welcher Bauch denn? Das ist doch nur ein Ansatz von einem Bauch. Ich habe Idealgewicht!“

P.: „Gut. Sie sind also jung und schön und gehen rasant auf die Dreißig zu..“

S.: „Eben. Natürlich auf geistiger Ebene. Gut, vielleicht erweckt „Mitte zwanzig“ auch nur Neid, dann komme ich Ihnen entgegen. Sagen wir, ich fühle mich wie Mitte dreißig.“

P.: „Und müssen mit Mitte Dreißig zur Psychologin, weil Sie sich sagen: Oh, mein Gott, in zehn Jahren bin ich schon vierzig!“

S.: „Ja, so ähnlich. Nur ohne Sarkasmus. Muss ich denn unbedingt schon verkalkt sein, nur damit es zu den paar Falten passt?“

P.: „ Es gibt 80jährige, die haben noch eine geistige Beweglichkeit wie ein Dreißigjähriger.“

S.: „Ganz genau! So langsam dämmert es Ihnen, was ich meine.“

P.: „Hm. Und was genau wollen Sie denn von mir?“

S.: „ Na, ich möchte halt wissen, wie das denn sein wird in fünfzig Jahren, wenn ich auch achtzig bin.“