Sirius war wieder essen..
Sirius gehört zu den Menschen, die einen Fehler auch gerne mal zweimal machen, weil er einfach nicht glauben will, dass aus der zufälligen Monokausalität ganz locker eine Multikausalität werden kann, weil die Geschicke des Universums, der angebliche Zufall (Pffh!) und Sirius ´ Optimismus ganz eng miteinander verknüpft sind.
So eng, dass es immer schiefgehen muss.
Nun, Sirius ignoriert gerne Bedingungen, die exakt auf ihn zugeschnitten sind und glaubt, dass alleine seine Handlungsweise entscheidend ist für den Ausgang eines Ereignisses.
So nimmt er also wieder an einem Samstag seine Liebste bei der Hand (sie ist ja auch handlich), die mit den seltsamen Wechselwirkungen siriustischer Handlungen bereits vertraut ist, verzichtet aufs Prominieren, Enten und den freien Plätzen unter immer noch aufgespannten Sonnenschirmen – und zieht schnurstracks auf den bereits bekannten romantischen Weg entlang eines Flusses zum Ausflugsziel der Eingeweihten, zum Schloss am Wasser.
Die Liebste, bereits geschunden von jenseitigen Erfahrungen, vertraut Sirius mit stoischer Gelassenheit, und außerdem will man ja nur ein wenig speisen.
Vor dem Schloss tummeln sich zur bald einbrechenden Dämmerung erstaunlich viele Natur-Gourmets an den Tischen unter freien Himmel und bestellen abenteuerliche Menüs in schweinsledernen Handschuhen.
Sirius rümpft die Stirn über das dekadente Volk und plant schon die Machtübernahme über das völlig leere und wohl temperierte Restaurant, in dem das Personal geschäftig hin- und herrennt. Man könnte sich einen angemessenen Platz aussuchen, wenn denn bloß nicht alle Tische reserviert wären. Eine Hochzeit steht nämlich an, die Todgeweihten selbst sind noch in der Kirche. Nun dämmert es nicht nur draußen, sondern auch Sirius, warum die Gourmets so gern im Freisen speisen.
Macht ja nichts, auf der Rückseite des Schlosses ist ohnehin der Haupteingang mit einem noch besserem Restaurant, leider verkündet ein spöttischer Aushang eine geschlossene Hochzeitsgesellschaft. Verflucht sollen diese Inzuchttreiber sein.
Die Liebste lacht und Sirius reckt drohend die Faust zum Himmel.
Den Weg zur Altstadt kennen sie schon, aber die Invasoren aus den Nachbarorten sind daheim geblieben, mit Sirius haben sie nicht ein zweites Mal gerechnet.
In der „Glockenstube“ ist es warm und romantisch und leider kein Tisch mehr frei. Die Liebste lacht und Sirius verflucht den Himmel und alles, was darunter ist.
Das ansteckende Lachen aus den Räumen des Gasthofes „Zur Kupferpfanne“ bleibt nur akustisch hörbar, weil an der Eingangstür ein Hinweis auf eine geschlossene...Ja, ja, schon gut. Ersticken sollt ihr an dem Fraß!
Die Liebste lacht wieder und Sirius verflucht das gesamte Universum. Mehr geht nun nicht.
Im „Altstadt-Eck“ kommt man zumindest hinein und alle Tische sind frei. Keine Reservierungsschilder! Na bitte. Auf die Frage, was man denn wünsche, erkundigt man sich, ob man denn an einem der vielen Tische zum Essen Platz nehmen dürfe. Die Bedienung schaut mal in ihr Tagebuch, ob noch was frei ist. Die Räume zum Speisen befinden sich oben..
Oben sind neben den reservierten Tischen schon ein paar reservierte Gäste, aber in einer Nische am Gang, nur dreissig Zentimeter gegenüber eines reservierten Tisches ist noch ein unbeleuchteter kleiner Tisch frei, an dem zwei Menschen ohne Mühe Petting betreiben könnten, wenn sie sich gegenüber säßen. Sirius möchte lieber essen, aber die Liebste findet es romantisch und ist Schlechteres gewohnt, also bleibt man hier. Und man kann ja auch nacheinander essen.
Bald füllt sich der Raum, am reservierten Nebentisch lehnt sich ein alter Herr mit Borstenschnitt in den Ohren gegen den Tisch von Sirius und seiner Liebsten und lobt lautstark das Ambiente des Restaurants, und preist die gelungene Zubereitung der hier zubereiteten Gänsekeule an, deren letztes Exemplar gerade Sirius verzehrt.
Man muss sie nämlich vorbestellen oder vor den reservierenden Gästen ordern.
Das ringt Sirius ein Lächeln ab, und er sagt durch das linke Ohr des älteren Herrns zu seiner Liebsten: ich hab Dich lieb. Und die Liebste antwortet durch das rechte Ohr des älteren Herrns: Ich dich auch.
Der ältere Herr stellt verwundert einen Tinnitus auf beiden Ohren fest.
Sirius
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Du solltest öfter essen gehen, Sirius! Vorausgesetzt, es fällt eine Satire für uns ab.
Vielleicht versuchst du es beim nächsten Mal in der Dönerbude. Selten reserviert, und lecker ist's dort auch.
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Danke, Lotte, dass es dich amüsiert hat. Mir hat es auch Spaß gemacht. Das Schreiben und auch das Erleben.
Sirius
Reset the World!
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Amüsant zu lesen, Sirius!
Schon deine Einleitung hat mir Appetit auf den ganzen Text gemacht.
Der dir wieder so gelungen ist, dass ich ihn zweimal verköstigt habe.
Klasse!
Jonny
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Wenn ich mit meiner … AchWasAuchImmer … Essen gehe, sieht das fast, aber auch nur fast, völlig ganz anders aus. Zur Verifizierung bietet sich folgende Geschichte an:
Wir beide waren damals (ca. 1971) junge, langhaarige 11 Stck. Mensch, denn wir lebten in einer Wohngemeinschaft (5M 6 W). Leider haben wir uns später aus den Augen verloren, oder auch GottSeiDank? Vielleicht, ach nee, ganz bestimmt bestimmt, eine unglückliche Liebe? Und der Kühlschrank war auch schon wieder leer, entweder aus traditionellen Gründen oder aus Solidarität mit dem Haufen leerer Flaschen daneben. Doch wir hatten noch einen Knotzen Sauguaten, der allerdings bei intensiver Nutzung zunehmend Beri-Beri verursacht. Meistens ist es ja umgekehrt: Man hat Geld, aber nichts zu Schnorcheln. Und noch mehr meistens hat man beides nicht.
Heinz, am Küchentisch: „Ich lade euch alle zum Chinesen ein.“
Keiner traut sich, irgendwelche Einwände vorzubringen. Heinz war immer mit gut abgehangenen Ideen bei der Hand: Milchprodukte von den Paletten aus den Hinterhöfen der Supermärkte klauen, Schlachterabfälle für Linsensuppe beim Fleischer schnorren, und in allergrößter Not 'Blowing in the Wind' vor einer Bäckerei so lange vortragen, bis der Bäcker eine Tüte Brötchen rausrückt, damit wir wieder abhauen. Bestimmt hatte er mal wieder … irgendetwas … Ertragreiches … angestellt, und will nun brüderlich, ja, auch mit den Frauen, teilen, dem Ruf als Kameradenschwein zuvorkommern.
Einmal stiftete er uns sogar zu Mundraub im Tierpark an. Nein, wir haben nicht den Futterautomaten geknackt, – ich stand nur kurz davor. Sondern: Das Fregel, das Wutzebäbbel, meinetwegen auch der Wildschweinfrischling hat gar köstlich gemundet, obwohl die Frauen wieder was zu meckern hatten. Über die Schweinerei des Herstellungsprozesses: „Frischling im Freigehege ? Koteletts“ schweige ich lieber.
Wir quetschen uns also stilgemäß in eine alte Ente und Heinz fährt zu einem dieser Restaurants mit den goldenen Löwen davor. Ich tippe auf ehemaliges Jagdschlösschen ehemaliger Landjunker oder so und etwas abgelegen.
Wir setzen uns an eine größere Tafel und lassen es auffahren. Heinz hatte verkündet: Keine Obergrenze. Er selber lässt sich noch eine große Partytüte zusammenstellen und eine Packung Zigaretten kommen.
Und dann beugt sich dieses Arschloch vor und flüstert: „Ich habe kein Geld.“ Eine kleine, wohlkalkulierte Pause, die es braucht, bis diese Information auch bei jedem ankommt, und: „Ihr könnt ja hier bleiben und alles erklären.“ – springt auf und rennt hinaus, die Partytüte fest an die Brust gepresst.
Wir alle wie Nix da hinterher, selbst die Ökotante mit der langen Leitung. Ich trage noch zur allgemeinen Aufregung bei und brülle etwas von: „Achtung Kamera!“
Tja, so ist das mit manchen Geschichten. Haben keine Pointe am Schluss, sondern eine Sonderform: Die durchgehende Pointe. Manche sagen auch Negativpointe dazu. Ha! Bzw. Ha-ha. Wir Zechpreller jedenfalls hätten fast vor lauter lauten Lachen den Anschluss verpasst.
Irgendwie muss ich immer noch grinsen, wenn ich an die Gesichter des Personals denke, während ich elegant an ihnen vorbei trampele.
Ersatzpointe: Seitdem bin ich vor den Triaden auf der Flucht.
Oder: Ich werde von Drachen beobachtet
Ach, lasst Euch selber eine einfallen und schickt sie mir.
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Danke, Jonny, dass es dich erheitert hat!
Sag mal, Karl-Ludwig, warum kannst du denn deine Beziehung zu deiner WasAuchImmer nicht näher definieren? Das muss doch..äh..möglich sein. Stelle dir einfach vor, sie wäre ein Pesto, und du verrätst uns dein Rezept.
Sirius
Reset the World!
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