Geburtstagsglückwunsch

Jeder zählt dich ---- Zu den Alten
Zu der Jugend --- Zählst du nicht
Ich vermisse --- Frische Farbe
Keine Tugend --- Ist in Sicht.

Dich begleite --- Schlechte Laune
Gottes Segen --- Walte nimmer
Nie verspüre --- Lust am Leben
Sturm und Regen --- Aber immer.

Drum verachte --- Optimismus
Jede Knute --- Soll bestehen
Zum Geburtstag --- Alles Miese
Alles Gute --- Mag vergebens.

Günter Nehm

Gelegenheitsgedicht Nr. 3

(es-Kamotage für Hans Carl Artmann 1966)


ists
es ist
was ists
das ists
ists das
das wärs

gibt’s das
das gibt’s
was gibt’s denn da schon wieder
da gibt’s was
ists denn das
wenns das wäre
das wärs

es sei denn dass
was solls
sollte denn was
was solls

Helmut Heissenbüttel

Alle mein Entchen

Alle meine Entchen
Sind davongeschwommen,
Hänschen ging alleine los,
hat mich nicht mitgenommen.
Die wilden Schwäne zogen fort,
Hans schleppt an seinem Glück.
Wer sucht für mich das Edelweiß
Und bringt es mir zurück?
Alle meine Äpfel sind schon reif,
Alle meine Brote gar,
Doch niemand kommt und schüttelt
Gold und Silber mir ins Haar.
Der Prinz verfolgt den Drachen,
Ließ mich im Wald allein.
Ich bin groß. Was mach ich bloß?
Ich wär so gerne klein.

Ingrid Paul

Das musikalische opfer

also bei buxtehude da wurde
der schuhmann reger denn je

mozärtlich nahm er die
witwe des mahlers am händel
führte sie über bach und haydn
am monte verdi vorbei
auf den schönberg

wo er sie
nicht ohne liszt
verbrahmste

dann aber gluck
gluck weg war er
gänzlich

ein telemann eben

keinen kreutzer wert
seufzte die mahlerische
und
wo hindemith
als sie
den mendelssohn griegte

Werner Dürrson

ungeziefer-serenade

läuse flöhen meine lieder
milbe durch die nacht zu dir
mücken schwärmen auf und nieder
grillen zecken heimchen bieder –
fliege biene her zu mir

made schabt am käfermieder
so zikadisch schnakt es hier
wespe raupt und hornisst schier
hummeln drohnen neben mir

spinne puppt die larve über
und verheuschreckt sink ich nieder –
sag o wann libellen wir

mich ameisen alle glieder
asseln klammern sich mit gier
unter falters faltenzier
wer bremst mein verlangen mir
flöhe lausen meine lieder
ach dass dich der glühwurm rühr
wann o wanzen wir uns wieder.

Werner Dürrson

Müllkalender

Gelbe Tonne
Blaue Tonne
Grüne Tonne
Graue Tonne

Braune Tonne
Graue Tonne
Grüne Tonne
Blaue Tonne

Grüne Tonne
Braune Tonne
Graue Tonne
Graue Tonne
Blaue Tonne

Sperrmüll

Philipp Scharri

Donnerkarl, der Schreckliche

Reich mir meine Platzpatronen,
Denn mich packt die Raserei!
Keinen Menschen will ich schonen,
Alles schlag ich jetzt entzwei.
Hunderttausend Köpfe reiß ich
Heute noch von ihrem Rumpf!
Hei! Das wilde Morden preis ich,
Denn das ist der letzte Trumpf!
Welt, verschrumpf!

Paul Scheerbart

Von Viren und Bazollen

Immer wenn der Winter naht
und das Jahr zu Ende gaht,
wenn die ersten Flocken fallen
und nicht liegen bleiben wallen,
wenn wir uns mit nassen Füßen
quälen durch vermatschte Strüßen,
wenn fast alle Nasen tropfen,
ist er da, der große Schnopfen.

Wenn aus roten Nasenknollen
sich die Viren und Bazollen,
um uns alle zu vergraulen,
in der frischen Luft vertaulen,
stets bereit, uns anzugreifen,
folgt das große Naseschneifen.
Warnend sag ich schon sehr früh:
„Schnupfen, laß mich bloß in Rüh!“

Günter Nehm

Bilanz

Hab keine Romane geschrieben,
keine einzige Sinfonie.
Mein Umsturz ist Stückwek geblieben,
wie meine Tanztheorie.

Nicht eine Kathedrale!
Kein Dachgeschoss ausgebaut!
Und wenn ich mal male,
wird’s Mist!

Nie im Puff und keine Visionen,
kein Sieg, keine Oper, kein Mord.
Kein Starkult und keine Millionen,
kein Hit, kein Hut, kein Rekord.

Nobelpreis? Nix draus geworden.
Kein Kriegsheld, Konzernherr, null Orden.
Tor des Monats, Befreiungskampf, Geige?
Macht? Schönheit? Genie? Fehlanzeige.

Nur dieses kleine Gedicht,
Reicht das nicht?

F.W. Bernstein

Sport ist eine Frage der Disziplin

Im Tennis-Herrenmoppel wär ich groß,
der Sieger wäre ich im Eisschnellkaufen,
im Gugelhupfen wäre ich famos
und Champion im Marathonverschaufen.

Ich holte auch beim Händel-Stemmen Gold
und wär im Hundert-Mieder-Kraulen spitze!
DIE Disziplinen gäbs, hätt Gott gewollt,
dass ich bei irgendeiner Sportart schwitze.

Drum schließe ich ganz klar aus ihrem Fehlen:
Ich soll wohl nicht zu den Athleten zählen.

Michael Schönen

Sehr sportlich.

Ballspieltabelle

Schalke 04 – gegen Dortmunder Bier
Bayer Leverkusen gegen Eier und Pampelmusen
Borussia SC – gegen Eduscho Kaffee
Milbertshofer Sport – gegen Opel Record
München 1860 – Franzl Beckenbauer rächt dich.
Rotweiß Essen – Ball nicht vergessen.
Werder Bremen – soll sich was schämen
Tennis Borussia einer muss ja den Schluss ja.

Paul Scheerbart

Pluralien

Ich möchte gar zu gerne die
Bezeichnung Bambus (Mehrzahl) wissen.
Entsprechend Jambus wird man sie
vermutlich Bamben nennen müssen.

Wahrscheinlich ruft man Elefas
im Singular die Elefanten,
ich weiß es nicht, doch schließ ich das
aus Atlas (Plural: die Atlanten).

Themata sagt man dort und hier,
wenn Thema sich vermehrt, verdoppelt –
Mit Tara meint man Packpapier,
Tarata aber, scheint mir, hoppelt.

Wie Wohlstand zu vermehren ist,
klärt kein grammatisches Register –
Noch eins: Wie heißt im Plural Mist?
In Angelsachsen Mister?

Hans-Georg Stengel

Cool.

Hochzeitsnacht (Akrosticha)

Hochgefühl der Herzenstriebe
Offenbart der Eros Macht:
Charme und Feuer, Lust und Liebe,
Huld und Heil der Hochzeitsnacht.
Zärtlich wolln wir uns berühren,
Einvernehmlich und bereit,
Innig unsre Nähe spüren,
Trunken vor Glückseligkeit.
So die Träume Wahrheit werden,
Nutzen wir verliebt zu zweit
Alle Herrlichkeit auf Erden,
Chancen der Gemeinsamkeit.
Heute will ich ganz allein
Troubadour der Liebe sein.

Günter Nehm