Das Buch

Der Erste schreibt es,
Der Zweite vertreibt es,
Der Dritte verschmäht es,
Der Vierte ersteht es,
Den Fünften entflammt es,
Der Sechste verdammt es,
Der Siebente schätzt es,
Der Achte versetzt es,
Der Neunte verpumpt es,
Der Zehnte zerlumpt es,
Der Elfte vergräbt es,
Der Zwölfte verklebt es
Zu Tüten, denn im Krämerladen
Da kommen sie schließlich
Alle zu schaden!

Heinrich Seidel

Scherge und Mörder

Ein Kriminalgedicht

Das enge Tal, das schmale Tal
liegt länglich zwischen Bergen
und rettete so manches Mal
den Mörder vor den Schergen.

Der Scherge ist so korpulent,
dass er viel Platz braucht, wenn er rennt.
Der Mörder, etwas schmäler,
flieht drum in enge Täler.

So stob er nach dem Goethe-Mord
gleich in die Hohen Tauern,
wo er vorm Schergen sicher war
und allzu feisten Bauern.

Und auch nachdem er Marx erschoss
trug ihn sein braves, dürres Ross
in jenes Alpental, und zwar
dorthin, wo es am schmalsten war.

Nur als er sich an Storm vergriff,
da ging die Sache elend schief.
Denn das war in der Ebene,
für Schergen das Gegebene.

Der Mörder bekam „Lebenslang“,
der Scherge einen Orden.
Und wenn sie nicht gestorben sind,
sind sie steinalt geworden.

F.W. Bernstein und Robert Gernhardt

Anonym

Ich sage gänzlich ab der Römer Lehr und Leben
Luthero bis ins Grab Will ich mich ganz ergeben
Ich lache und verspott die Mess und Ohrenbeicht
Lutheri sein Gebot ist mir ganz sanft und leicht
Ich hasse mehr und mehr all, die das Papsttum lieben
Der Lutheraner Lehr hab ich ins Herz geschrieben
Bei mir hat kein Bestand ein römisch Priesterschaft
Was Luther ist verwandt lob ich mit aller Kraft
Wer lutherisch verstirbt das Himmelreich soll erben
In Ewigkeit verdirbt wer römisch bleibt im Sterben.

Waagerecht gelesen sagts ein Protestant, senkrecht ein Katholik

Mondlandschaft

Wache Molche suchen leise
nach dem Netz der Müdigkeit.
Weiche Dolche fluchen weise.
Eine Birke steht allein in ihrem Leid.

Kuttenmönche ohne Schatten
schleppen Feigen durch den Schnee.
Die ihn mit Zitrone hatten,
wiederkauen ihren gestrigen Tee.

Eine Kuh und eine Hexe
warten bis der Acker stirbt.
Krähen machen weiße Kleckse.
Hört ihr, wie die müde Semmel zirpt?

Georg Kreisler

Führungszeugnis

Sozial und menschlich eine Niete.
In vielen Künsten nur zu Gast.
Rein physisch nicht von erster Güte.
Talent en gros – kaum angefasst.

Zu oft zu dumm falsch abgebogen,
sich selber nicht als Kraft erfasst.
Das Lebenskonto überzogen.
Berufung: Nein – Beruf: Phantast.

Andreas Greve

Was für ein Kerl

Halluzinierender Tiefschlafbeisitzer
hallo Sie Tiefschlafsitzer
Sie na Tiefsitzbeischläfer
hulla zie Tiefschlafeiritzer
Luzie ha schlaf tief Eikitzler
hu Ritzei laaf schiefer
hazie o fietlaaf Scheifizzer

Kurt Sigel

(Jetzt reichts auch)

Ihr Abgesang

Ein Leben lang
vorm Aktenschrank.
im Dienst der Bank,
nur einmal krank.
Dies war der Dank:
Ein Sektempfang.

Ihr letzter Gang:
Zum steilen Hang,
von wo sie sprang
und dann zum Glück
sofort ertrank.

Andreas Greve

'So, so!'

Vier Maurer saßen einst auf einem Dach.
Da sprach der erste: "Ach!"
Der zweite: "Wie ists möglich dann?"
Der dritte: "Daß das Dach halten kann!!!"
Der vierte: "Ist doch kein Träger dran!!!!!!"
Und mit einem Krach
Brach das Dach.

Kurt Schwitters

A-Meisen-Köder

Jüngst traf ich den A-Meiserich
am Fenstersims, der greinte: Ich
bin nicht beliebt im Meisenreich!
Von wegen, alle wären gleich!

Zwar hab ich vorn das große A,
doch besser stünd ich ohne da.
Ich baute mir ein eignes Nest,
was man mich mit dem A nicht lässt.

Auch könnt ich ohne Pause singen,
und keiner würd mich dazu zwingen,
dass ich A-Meisenköder nippe,

bis ich aus meinen Flip-Flops kippe.
Ja, lecker ist A-Meisentrank
doch meist macht er A-Meisen krank...

© Karin Rohner 2006

Auf einem Omnibus

Auf einem Omnibus
Saß ein Mechanikus,
Der hatte Lackstiebeln an.
Da kam ein andrer Mann,
Der hatte welche an,
Die rochen nach Tran.
Da sagte der eine Mann:
Sie haben ja Stiebeln an,
Die riechen nach Tran!
Da sagte der andre Mann:
Wat jeht denn det Sie an?
N jeder stinkt, so jut er kann.

Mündliche Überlieferung

Bergung
Was unsre Berge alles bergen -
vom Schnee bis zu den sieben Zwergen.
Den Harz bedecken Klebe-Bäume
die Alpen liefern schlechte Träume.

Im Hunsrück krabbeln Floh und Wurm
die Eifel krönt ein hoher Turm.
Die Rhön verbirgt ein großes Rad
das Erzgebirge Eisenspat.

Der Kellerwald ist voller Bunker
der Kaiserstuhl voll Edel-Klunker
der Westerwald an Ostern zu
im Taunus schmilzt der Schnee im Nu.

Der Odenwald ist ein Gedicht
im Steigerwald mit Kohle Schicht.
Der Kyffhäuser steckt voller Drogen
der Vogelsberg ist ausgeflogen.

Stefan Pölt

Langeweile? Tu was!

Roll möpse
Mal stifte
Rate spiele
Bau klötze
Speise eis
Fang körbe
Schüttel reime
Lösch blätter
Schnür senkel
Weck gläser
Angel ruten
Back erbsen
Füll hörner
Wähl scheiben
Zieh federn
Zerr spiegel
Dreh türen
Tritt bretter
Kipp schalter
Tipp fehler
Gieß kannen
Lese zeichen
Fahr spuren
Stoß stangen
Klammer beutel
Lenk stangen
Schaukel pferde
Puste blumen
Kneif zangen

Nora Clormann-Lietz

Der Otter und die Otterin

Es war einmal ein Otter,
der hatte keinen Vater mehr
und keine Motter.

Da kam eine Ötterin daher,
die hatte auch keinen Vater
und keine Mötterin mehr.

Die sah den Otter an
und legte dann
seine Pfot
in ihre Hände.

Da hatte die Not
der zwei
ein Ende.

Peter-T. Schulz

Zitat von Sirius

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Langeweile? Tu was!

Roll möpse
Mal stifte
Rate spiele
Bau klötze
Speise eis
Fang körbe
Schüttel reime
Lösch blätter
Schnür senkel
Weck gläser
Angel ruten
Back erbsen
Füll hörner
Wähl scheiben
Zieh federn
Zerr spiegel
Dreh türen
Tritt bretter
Kipp schalter
Tipp fehler
Gieß kannen
Lese zeichen
Fahr spuren
Stoß stangen
Klammer beutel
Lenk stangen
Schaukel pferde
Puste blumen
Kneif zangen

Nora Clormann-Lietz

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Süß. Wenn Sohneman mal wieder Langeweile hat...

Apokalypsen-Programm

Montag geht die Welt zugrunde
Dienstag regnets und ist kalt
Mittwoch um die zehnte Stunde
wird kein Geld mehr ausgezahlt

Donnerstag nur Feuerbrünste
Freitag früh ist Jüngster Tag
Samstag Ende aller Künste
und zwar ZACK auf einen Schlag

Sonntag herrscht dann endlich Ruhe
und die Straßen wüst und leer
auf der Post noch ein Getue
Pst – nun ist auch das nicht mehr

F.W. Bernstein