Lebe, dass de, wie de, was de, wo de bist,
Eenstens, wann de, wie de, was de weeß.
Nötig hat, zu wissen, wie de, was de, wo de warst,
Wissen wirst, wo, was und wie de bist gewesen.
aus „Illustrierter Berliner Vocativia“
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Drei Greislein
drei greislein tanzen um die welt.
der erste zeigt stolz auf seinen letzten stockzahn.
der zweite hat den stockschnupfen.
der dritte ist stocktaub.
dennoch tanzen sie
als musizierten ohrenbetäubende gewitter
als wären sie von altem wein befruchtet
der kühl und aufrecht im heißen stroh lag.
sie tanzen, dass ihre schlawittchen fliegen.
sie tanzen, dass ihre schlapphüte fliegen.
sie tanzen, dass ihre schlappschuhe fliegen.
sie tanzen, dass ihre schlappschwänze fliegen.
Hans Arp
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Rrrollmädel
Rrrollmädel, rroll auf der Rrrollschuhbahn,
Rrrollmädel, zieh dir die Rrrollschuh an.
Rrreizendes Rrrollmädel,
Rrroll auf den Rrrollrrrädeln
Mit deinen Füßchen so klein,
Rrroll nur, Rrrollmädel,
Rrroll mir ins Herz hinein.
Mündlich
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Wann hört der Humor auf?
Erst, wenn der Lachs smolliert mit laxen Dachsen,
Wenn Affen gleich den Versifexen klecksen,
Gleich Bellachini die Eidechsen hexen
Und Frösche ob der Steuertaxen quacksen,
Wenn Straußeneier wild in Sachsen wachsen,
Im Garten wuchern, gleich Gewächsen, Flexen,
Und Philologen gleich perplexen Fexen
Belächeln höhnisch der Syntaxen Daxen;
Wenn Reiterstiefel zarte Nixen wichsen,
Wenn Englands Söhne sich mit Ochsen boxen
Und Störch aus einem Krug mit Luchsen glucksen;
Wenn grüßt der Elefant mit fixen Knixen,
Am Schabbestag die Orthodoxen ochsen –
Dann wird kein Witz sich mehr mit Juxen mucksen!
aus „fliegende Blätter“
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ein männlein steht am schalter
so gar nicht stumm
und sagt zu dem beamten:
sei bloß nicht dumm,
gib die schönen piepen her
glaube mirs, die freun mich sehr,
un drückste auf die klingel,
leg ich dich um.
H.C. Artmann
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Von einem W-Gestöber
Wäre wirklich, was man wünschte,
Würd es wohl oft wenig wert sein:
Wieder, weil zu wenig wirklich
Will es wenig Wert gewinnen,
Während Wünsche wachsend wuchern:
Welch ein Wahn- und Wehe-Wechsel!
Wünsche, Wünsche, werdet wenig!
Wünsche, Wünsche, werdet wirklich!
Wirkliches, werde wirklich wertvoll,
Werde wirklich, wie der Wunsch will!
Wehe, werde wenig, winzig!
Wehe, wüstes, wird erwürget,
Wehe weiter, wie der Wind weht!
Karl Schimper
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Der Kehlkopf
Der Kehlkopf, der im hohen Bom
Als Weidenschnuppe uns ergötzt,
Dem kam man endlich auf das Trom,
Und hat ihn säuberlich zerbätzt.
Man kam von hinten angestiegen,
Drauf ward er vorne ausgezwiegen.
Eduard Mörike
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Hausmärchen abrupt
Rotkäppchen ging Großmutter besuchen.
Im Körbchen Leckerbissen.
Großmutter lag im Bett.
Großmutter, warum hast du so große Augen?
Damit ich dich schauen kann, Kind.
Großmutter, warum hast du so große Ohren?
Damit du mir gehorchst, Kind.
Großmutter, warum hast du so ein großes Maul?
Da sprang Großmutter aus dem Bett,
gab Rotkäppchen eine Ohrfeige
und zürnte:
Wie sprichst du eigentlich mit deiner Großmutter?
Günter Verdin
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Das Wasser
Ohne Wort, ohne Wort
rinnt das Wasser immerfort;
andernfalls, andernfalls
spräch es doch nicht anders als:
Bier und Brot, Lieb und Treu, -
und das wäre auch nicht neu.
Dieses zeigt, dieses zeigt,
dass das Wasser besser schweigt.
Christian Morgenstern
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denk-spiel
(nach descartes)
ich denke, also bin ich.
ich bin, also denke ich.
ich bin also, denke ich.
ich denke also: bin ich?
Timm Ulrichs
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Der Funke
Es war einmal ein kleiner Funke.
Der war ein großer Erzhalunke.
Er sprang vom Herd und wie zum Spaß
Gerade in ein Pulverfass.
Das Pulverfass, das knallte sehr,
Da kam sofort die Feuerwehr.
Und spritzte dann mit Müh und Not
Das Feuer und das Fünkchen tot.
Joachim Ringelnatz
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Je –desto
Je nuller die Uhr, desto mitter die Nacht.
Je stimmer der Bruch, desto pickel die Haut.
Je hilfer die Schule, desto sitzer die Bleibe.
Je sparer das Fernsehen, desto kino die Leute.
Je bilder die Zeitung, desto honka die Leiche.
Je stroher der Witwer, desto kurer der Schatten.
Je baller der Fuß, desto müller das Tor.
Henning Venske
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Kam in mein Wigwam
Weit übers Meer,
Seit er zurückschwamm,
Das Wigwam
Blieb leer.
Drüben im Walde
Kängt ein Guruh—
Warte nur balde
Kängurst auch du.
Joachim Ringelnatz
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An die Mädchen dieser Welt
Das Haferkorn, das reift,
das Glied, das sich versteift,
die Leine, die sich löst,
die Frau, die sich entblößt –
das sind vier Phänomene.
Warum ich sie erwähne?
Die ersten beiden Zeilen
sind, um euch aufzugeilen.
Die andern zwei? Der Rest?
Der macht mich scharf – verstehst?
F.W.Bernstein
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Blaue Lyrik
Was klingeln matte Lichter
Ob meiner Seele Sumpf –
Was züngeln Quergesichter
Um meiner Hoffnung Stumpf?
O Schlingerl ihr und Wichter,
Benagt nur meinen Rumpf –
Ich fühls, ich bin ein Dichter;
Heut ist Meschugge Trumpf!
Otto Erich Hartleben
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