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RE: Die Vollkommenheit des Unvollkommenen

#1 von Karl Ludwig , 11.12.2016 09:50

Wir leben in einer unvollkommenen Welt. Es sieht auch nicht so aus, als ob sich das in absehbarer Zeit ändern würde.

Nach dieser Offenbarung fällt mir der Rest einfach einfacher: Wie gehe ich mit diesem Thema um? Betroffen? Zynisch? Demütig? Auf jeden Fall: 'unvollkommen'.

Und um welches Thema geht es hier überhaupt?

Unter Anderem geht es um: Zipperlein hier, und guckt mal, Zipperlein dort, Ablauf meiner Existenzbeweise (Pass, Perso), Patientenverfügung, Testament, und da, im Kreuz tut es auch Aua, Freundschaft, allgemeiner und speziell-mentaler Leistungsabfall, Schmerzmittel ...

Und auf gar keinen Fall geht es mir darum, einfach mal rumzunörgeln.

Hier ein Angebot zur 'Beendigung der Androhung einer Zwangsvollstreckung'. Von …, äh, activeLAW, noch nie gehört. Ach, sie vertreten die Interessen von TTP Hannover, stimmt ja. Ich bin schwer beeindruckt. Der Stapel: 'Erledigt' wächst.

Warum aber kann mir die örtliche Behörde keinen Ausweis ausstellen, bevor ich nicht eine Geburtsurkunde vorlege? Die kostet fast 45,00 € + 20,00 € für Fotos + 35,00 € Bearbeitungsgebühr. Und das von einer Behörde, die mir einst die nun abgelaufenen Unterlagen problemlos aushändigte – vermutlich bekommt man auch nur mit solch einschneidenden Maßnahmen den weltweiten Terrorismus in den Griff.

Eine Patientenverfügung sei nur gültig, wenn vom Notar beglaubigt = 100,00 €. Sagt mein Anwalt.

„Stimmt nicht!“ sagt ein Bekannter, der bei einer sozialpsychologischen Beratungsstelle am Schreibtisch rumtätigt.

In meinem Alter fängt man ja automatisch an, sich für Sachen zu interessieren, die einen bis dato überhaupt nicht juckten. Also organisierte ich mir eine Patientenverfügung und legte sie nach der zweiten Seite der Gebrauchsanleitung zur Seite. Das ist doch deprimierend. Gerade ich, der ich kein medizinisches Lexikon in die Finger nehmen darf, weil ich sonst sämtliche Symptome verspüre, von Maul&Klauen Seuche bis Labmagenkrebs.

Ganz wichtig! Unbedingt die Kinder enterben. Nicht vergessen. Kostet bestimmt auch jede Menge, dafür zu sorgen, dass sie nicht nach meinem Tod, oder vorher wegen Unterbringungskosten in einer Anstalt, mit Forderungen behelligt werden. Habe allerdings irgendwo gelesen, dass selbst eine Enterbung den Nachwuchs nicht von der 'Fürsorgepflicht' befreit.

Keine Bange. Ich liege nicht im Sterben oder so. Ich will nur ausnahmsweise kein Durcheinander hinterlassen. Dafür habe ich noch viel Zeit. Allerdings würde mich mein Arzt gerne etwas noch genauer untersuchen lassen, als ihm möglich ist – bestimmte Blutwerte würden sich einer kritischen Grenze nähern – was immer das auch bedeuten mag.

Leistungsabfall? Sei völlig normal, sagen die einen. Ist schwer ärgerlich, sagt der Betroffene, wenn er drei mal in die Küche geht und drei mal vergisst den Zucker zu holen. „Das Durchschreiten einer Tür soll ja angeblich eine Neuformatierung im Hirn verursachen.“ Die Dame war sehr nett, bei welcher ich mich über Pflegestufen erkundigte – ich brauche nämlich tatsächlich schon lange jemanden, der hier mal klar Schiff macht, in dieser, meiner altersmessikesken Bude. Selbst meine Freunde finden, da gäbe es noch Steigerungsmöglichkeiten. Aber eine Putzkolonne hätten sie nicht zu verleihen.

Apropos 'Freunde'. Sind das nicht die, bei denen man wenigstens sicher sein kann, gründlichst missverstanden zu werden? Sind das nicht die, die einen am ehesten verraten, weil sie die einzigen sind, die das können? Sind das nicht die, welche ständig über Leute herziehen, die sich gerade außer Hörweite befinden, weil diese ständig über andere herziehen? Die sauer werden, wenn man sich von ihrer Aufgeregtheit nicht infizieren lassen will? Die projektiv operieren, anstatt mal etwas genauer hinzublicken, ein abscheuliches Verhalten, das ich natürlich NIEMALS an den Tag legen könnte.

Alzheimer, so meinte sie noch richtig aufbauend, könne man als Betroffener selber nicht diagnostizieren. Aber ein nachlassendes Kurzzeitgedächtnis wäre ein mögliches Zeichen. "Wo bitte war der Ausgang?"

Knallstoffe. Tja, da passiert mir wohl gerade das, was Fachleute als 'Maturing out' bezeichnen, als ob 'herauswachsen' früher als Begriff nicht ausreichend gewesen wäre, den Prozess zu beschreiben, der eintritt, wenn man zu alt wird, frühere Dummheiten erneut zu begehen. Harte Drogen verkrafte ich nicht länger. Erstens wirken sie nicht mehr so wie früher, und zweitens ist der Kosten-Nutzen Faktor im Arsch. Ich bin den harten Drogen ziemlich entkommen, aber wahrlich nicht aufgrund eines starken Charakters.

Bleibt der Kiffkram übrig, ihm zu entsagen. Das nehme ich mir natürlich genau so wenig vor, wie ich es mir damals vornahm, nie wieder einen Tropfen Alkohol zu trinken. Wie ich mich so kenne, muss ich einfach abwarten, bis ich Blut spucke, um endlich (zu spät) noch vernünftiger zu werden.

Ich danke dem Leser, der bis hier hin durchgehalten hat. Ja. Klar. Dem anderen auch. Oh, Entschuldigung, - der Leserin.

Lacht nicht. Zusätzlich fällt mir kein unausgenudelter Riff an der Klampfe ein. Und jetzt nähert sich auch noch Weihnachten und direkt im Anschluss Neujahr. Der Winter war bei den Römern die Zeit der Hinrichtungen.

Ich habe auch einen guten Vorsatz für 2017: Keine guten Vorsätze fassen! Vielleicht klappt es ja dann...


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RE: Die Vollkommenheit des Unvollkommenen

#2 von Richard , 11.12.2016 11:22

Das mit dem Zucker kenne ich!


Unke (mit erstaunlich guten Blutwerten)

 
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RE: Die Vollkommenheit des Unvollkommenen

#3 von kama tanha , 11.12.2016 21:35

Sehr amüsant! Ja, eh, als" junger" Mensch hat man halt leicht lachen. Ich bin heute auf 20 Jahre geschätzt worden. Das macht mich allerdings auch ein bisschen betroffen.
Erstaunlicherweise gleicht aber mein fast noch junges Kurzzeitgedächtnis jetzt schon einem Nudelsieb mit überaus großen Löchern.
Und tröste dich, das mit den Drogen krieg ich auch nicht mehr hin. Nicht mal mehr Kiffkram. Nicht mal mehr eine Rumkugel. Nicht eine einzige! Ja, die Zeiten ändern sich..aber die Unvollkommenheit bleibt.


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