Im Winter
Der Acker leuchtet weiß und kalt.
Der Himmel ist einsam und ungeheuer.
Dohlen kreisen über dem Weiher
Und Jäger steigen nieder vom Wald.
Ein Schweigen in schwarzen Wipfeln wohnt.
Ein Feuerschein huscht aus den Hütten.
Bisweilen schellt sehr fern ein Schlitten
Und langsam steigt der graue Mond.
Ein Wild verblutet sanft am Rain
Und Raben plätschern in blutigen Gossen.
Das Rohr bebt gelb und aufgeschossen.
Frost, Rauch, ein Schritt im leeren Hain.
Georg Trakl (1887-1914)
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Winternacht
Flockendichte Winternacht...
Heimkehr von der Schenke...
Stilles Einsamwandern macht,
daß ich deiner denke.
Schau dich fern im dunklen Raum
ruhn in bleichen Linnen...
Leb ich wohl in deinem Traum
ganz geheim tiefinnen?...
Stilles Einsamwandern macht,
daß ich nach dir leide...
Eine weiße Flockennacht
flüstert um uns beide...
Christian Morgenstern (1871-1914)
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Frost
So kalt, wie dieser Winter war,
darf niemals mehr ein Winter sein.
Sonst friere ich mit Kleid und Haar
bis in die Seele ein.
Ich weiß nicht, wieviel Kälte da
der Frost in meine Haut gebracht.
Ich fror nicht außen, doch ich fror
im Herzen Tag und Nacht.
Der Frost, der mir die Seele schnitt,
fror Blumen in die Augen ein.
Sie schmolzen unter deinem Blick
und sollten Tränen sein.
So kalt, wie dieser Winter war,
darf niemals mehr ein Winter sein.
Sonst friere ich mit Kleid und Haar
bis in die Seele ein.
(Heinz Kahlau)
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Winter-Depression
Leichenblass sind viele Mienen,
Schneeballschlacht mit Hundekot;
blasse Farben, lange Nächte
Blitzeis – menno - Fahrverbot.
Streusalz ruiniert den Teppich,
Hausflur wird zur Schlinderbahn;
Ohrläppchen sind steif gefroren,
Schneemann grinst dich blöde an.
Ständig aufgeweichte Schuhe,
kalter Wind, der Atem brennt;
Straßenseite kurz zu wechseln,
bloß nicht ohne Testament!
Türschlösser sind zugefroren,
Spinnennetz im Brillenglas;
Stromverbrauch bringt uns zum Grübeln -
Winter, Du machst keinen Spaß!
©Norbert van Tiggelen
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Christian Morgenstern (1871-1914)
Der Seufzer
Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis
und träumte von Liebe und Freude.
Es war an dem Stadtwall, und schneeweiß
glänzten die Stadtwallgebäude.
Der Seufzer dacht an ein Maidelein
und blieb erglühend stehen.
Da schmolz die Eisbahn unter ihm ein –
und er sank – und ward nimmer gesehen.
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Zum Jahreswechsel
Genug gelebt im alten Jahr.
Liebe, Freude, Ärger, Stress.
Zum Hoffen ist das Neue da,
das nach dem Schönsten ich bemess.
Charmant, denk ich, so sollt es sein.
Liebe, Freude, Wohlsein, Glück
(und sei es noch so winzig klein),
von allem wünsch ich euch ein Stück.
Allen Tache- und sonstigen Lesern einen gelungenen Start ins neue Jahr!
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Lotte - das geb ich gern zurück;
wünsch dir ein hoffnungsvolles Jahr,
ne neue Runde, neues Glück,
mir wünsch ich wieder volles Haar...
Jonny
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Maria Janitschek (1859-1927)
Unterm Schnee
Halt ich sacht auf weißem Felde,
Märchen sinnend, stillerlauschten,
Ist`s , als ob zu meinen Häupten
Nahe Flügelschläge rauschten.
Ist es mir, als ob der Schneewind
Warme Blumendüfte brächte.
Blumenduft von tausend Beeten,
Aus der Glutpracht fremder Nächte.
Behend eil`ich in den Garten,
Wo die Bäume silbern stehn,
Um in zitterndem Erwarten
Nach den Zweigen aufzuseh`n.
Streif den Schnee von ihnen zärtlich
Der sie in sein Weiß versteckt,
Und erblick, o lieblich Wunder,
Junge Äuglein, schlafbedeckt.
Frühling! Nach des Sommers Abschied
Nahst du schon mit leisen Küssen,
Und es gibt gar keinen Winter,
Und kein kaltes Sterbenmüssen.
Streift den Schnee nun von den Dingen,
Drunter grünen neue Triebe,
Und ihr spürt des Lebens Jugend
Und die Urkraft seiner Liebe.
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Gustav Falke (1853-1916)
Winter
Ein weißes Feld, ein stilles Feld.
Aus veilchenblauer Wolkenwand
hob hinten, fern am Horizont,
sich sacht des Mondes roter Rand.
Und hob sich ganz heraus und stand
bald eine runde Scheibe da,
In düstrer Glut. Und durch das Feld
klang einer Krähe heisres Krah.
Gespenstisch durch die Winternacht
der große dunkle Vogel glitt,
und unten huschte durch den Schnee
sein schwarzer Schatten lautlos mit.
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Georg Heym (1887-1912)
Der blaue Schnee
Der blaue Schnee liegt auf dem ebenen Land,
das Winter dehnt. Und die Wegweiser zeigen
einander mit der ausgestreckten Hand
der Horizonte violettes Schweigen.
Hier treffen sich auf ihrem Weg ins Leere
vier Straßen an. Die niedren Bäume stehen
wie Bettler kahl. Das Rot der Vogelbeere
glänzt wie ihr Auge trübe. Die Chausseen
verweilen kurz und sprechen aus den Ästen.
Dann ziehn sie weiter in die Einsamkeit
gen Nord und Süden und nach Ost und Westen,
wo bleicht der niedere Tag der Winterzeit.
Ein hoher Korb mit rissigem Geflecht
blieb von der Ernte noch im Ackerfeld.
Weißbärtig, ein Soldat, der nach Gefecht
und heißem Tag der Toten Wache hält.
Der Schnee wird bleicher, und der Tag vergeht.
Der Sonne Atem dampft am Firmament,
davon das Eis, das in den Lachen steht
hinab die Straße rot wie Feuer brennt.
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Betty Paoli (1814-1894)
Im Winter
Wiesengrund und Bergeshöh'
Liegen wie begraben,
Auf dem schimmernd weißen Schnee
Tummeln sich die Raben.
Mag die Sonne auch ihr Licht
Fernehin entsenden,
Es erquickt und wärmet nicht,
Kann nur schmerzlich blenden.
Dicht vor meinem Fenster steht
Eine schlanke Linde,
Mit Demanten übersä't
Stöhnet sie im Winde.
An die Scheiben pocht sie leis',
Leis' wie Glöckchen läuten;
Was sie sagen will, ich weiß
Mir es wohl zu deuten.
Arme Linde! Tag und Nacht
Scheinst du mir zu klagen:
»Dürft ich doch, statt todter Pracht,
Wieder Blüthen tragen!«
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Robert Reinick (1805-1852)
Winterlust
Wohin man schaut, nur Schnee und Eis,
Der Himmel grau, die Erde weiß;
Hei, wie der Wind so lustig pfeift,
Hei, wie er in die Backen kneift,
Doch meint er´s mit den Leuten gut,
Erfrischt und stärkt, macht frohen Mut.
Ihr Stubenhocker, schämet euch,
Kommt nur heraus, tut es uns gleich.
Bei Wind und Schnee auf glatter Bahn,
Da hebt erst recht der Jubel an!
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Januar
von Peter Burlach
Bauer, siehst du dein schlafendes Feld?
Sieh, es atmet auch unter eisiger Decke.
Weiß steht die Weide am Bach. Tief träumt die Hecke.
...Bauer! Hast du dein Herz gut bestellt?
Laß es nicht schlafen! Halt’ es bereit!
Daß es den Tag nicht versäume, wenn in das Dampfen
aufgebrochener Schollen die Pferde stampfen...
Groß sind die Dinge kommender Zeit!
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Schneekatastrophe
von Horst Fleitmann
An den wirklich kalten Tagen
Ist es eisig sozusagen.
Winde pfeifen, Leute frieren,
dunkle Wolken zieh‘n vorüber,
Tage werden immer trüber,
Hartgesottene brillieren.
Selbige fühl‘n sich gehoben,
freuen sich mit Blick nach oben
und bewundern die Natur.
Jemand ruft direkt verwegen
„Wetterchen zum Eierlegen“
doch er spricht sich Mut zu, nur.
Abwärts rutscht der Schnee in Täler
Skifahren mutiert zum Fehler.
Wer hinaufschaut dem wird’s schlecht.
Freunde, Nachbarn und Verwandtschaft,
niemand reizt die weiße Landschaft,
Hoteliers nur, ist sie recht.
Wochenende naht. Mit Grausen
man hört die Lawinen sausen.
Viel Verletzte und die Toten
werden aus dem Schnee geborgen.
Deutschlands Süden, Öst‘reichs Norden:
Hier ist Skifahr‘n jetzt verboten.
Trotzdem fährt man in der Gegend.
Unvernünftig, furchterregend!
Weil das Tauwetter beginnt
zeigt das Chaos noch kein Ende
denn die Warmluft bringt null Wende,
Überschwemmung droht bestimmt.
Man braucht gar nicht weit zu fahren.
Fluten, wie in früh‘ren Jahren
werden dann wie wild geknipst.
Macher bricht sich seine Knochen
knipst noch weiter ein- zwei Wochen,
trotz des Beins das eingegipst.
Auch wenn viele Gaffer glaubten
oder steif und fest behaupten
dass die Menschheit hätt‘s gemacht.
Nein! Denn es zeigt unverhohlen
die Natur, seit Jahr-Millionen,
dass sie das alleine schafft.
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Frostblumen
Marie Sauer
Frostblumen blühn am Fenster;
Und schirmen zart und dicht
Das heilige, das große,
Urewge Sonnenlicht.
Frostblumen blühn hienieden
Vor manchem Strahlenlicht,
Wollt’ unverhüllt es leuchten -
Wir möchten’s tragen nicht.
Frostblumen müssen schwinden,
Wenn einst der Frühling naht.
Dann sehn wir in die Sonne,
Die sie durchleuchtet hat.
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