Von der Belästigung durch ein Gedicht
Nora Gomringer spricht in der FR über den Umgang der Alice Salomon Hochschule und der Öffentlichkeit mit ihrem Vater, dem Dichter der „avenidas“.
Frau Gomringer, was missfällt Ihnen in der Diskussion über das Gedicht „avenidas“ und dessen Entfernung von der Fassade der Berliner Alice Salomon Hochschule am meisten?
Dass das Lebenswerk eines gestandenen Autors, der zeitlebens niemals des Sexismus bezichtigt wurde, in so schäbiger Form angegriffen wird. Gottlob steht mein Vater nicht im Verdacht, eine Frau angefallen oder ein Kind missbraucht zu haben. Er ist ein Dichter, der gerade ein Problem hat – mit einem Gedicht an einer Wand in Berlin. Und doch passiert es mir inzwischen, dass Gespräche allen Ernstes mit der Frage beginnen:
„Ist Ihr Vater Sexist?“
Und was antworten Sie?
Ich sage: nächste Frage!
Was macht es in diesem Zusammenhang für Sie aus, dass Sie Eugen Gomringers Tochter sind?
Das lässt sich nicht trennen. Ich bin die Tochter des Mannes, der diesen Text verfasst hat, und ich bin Germanistin mit einem eigenen Kopf und eigenen Gedanken zu diesem Text. Aber wenn ich das trennen wollte, kämen die Leute dennoch daher und würden mir eine Verbindung wieder auf die Stirn quatschen: „Ha, was Sie sagen, sagen Sie ja doch nur, weil Sie die Tochter sind!“ Was eigentlich ziemlich absurd ist.
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http://www.fr.de/kultur/literatur/avenid...dicht-a-1446460
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