Helene Hegemann: "Richtig schlecht ist auch wieder okay!"
Die junge Schriftstellerin treibt in ihrem neuen Roman "Bungalow" das erzählerische Spiel mit einer gefährlichen Frühreife. Helene Hegemann sitzt auf einer Bank im Park und macht sich Gedanken über Sätze. Das ist einerseits nicht weiter ungewöhnlich, denn sie ist Schriftstellerin, und ihre Bücher bestehen nun einmal aus Sätzen. Allerdings kriegt man gleich einmal eine Idee davon, dass Schreiben ganz schön kompliziert sein kann, wenn man hört, welche Ansprüche Hegemann an Sätze stellt. Sie sollen vor allem nicht durchschaubar sein. Sie will Überraschungen, fürchtet sich vor Pseudoüberraschungen, sie will gute Sätze. Was sie gar nicht mag, ist etwas "kurz vor gut. Richtig schlecht ist auch wieder okay." -
Am besten, man macht die Probe mit einem konkreten Exempel: ein Satz aus ihrem neuen Buch Bungalow. Die Erzählerin, ein Mädchen namens Charlie, stellt sich vor: "Falls jemand interessiert, wie ich zu diesem Zeitpunkt ausgesehen habe, mittelmäßig, dünn genug, dass mir fremde Männer auf der Straße zuzwinkerten, Hautunreinheiten beschränkten sich auf die Stelle neben meinem rechten Mundwinkel, um den sich, wenn ich meine Tage kriegte, in einem Rechteck von zwei Quadratzen timetern Eiterpickel ausbreiteten, kein Arsch, keine Titten, Jungskörper, was mir gefiel." Der Satz wurde für besser als kurz vor gut befunden, und man versteht auch, warum. Er steht perfekt für den Sound, den Hegemann in ihrem dritten Buch findet. Sie erzählt von Charlotte, die in einer Sozialsiedlung wohnt, unter nicht eben idealen Umständen, mit einer Mutter, die häufig "in der eigenen Kotze liegt und heult".
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https://derstandard.at/2000086446022/Hel...uch-wieder-okay
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