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RE: Die ganze Unwahrheit

#1 von Sirius , 15.01.2019 19:40

Die ganze Unwahrheit

Ohne Dichtung fehlt die Wahrheit." Diesen Satz hat der Buchhändler Keller seinen Söhnen fürs Leben mitgegeben; im neuen Roman von Steven Uhly erinnert ein Bruder den anderen an diese bibliophile Erkenntnis. Wer Uhlys Roman liest, kann hingegen zu dem Schluss kommen: Mit Dichtung fehlt die Wahrheit erst recht. Zumindest hat es sich der Münchner Schriftsteller offensichtlich zum Ziel gesetzt, mit diesem Buch noch den letzten Glauben an irgendeine Wahrheit in der Literatur wie in der Realität zu erschüttern.
"Den blinden Göttern" (Secession) ist bereits der sechste Roman Uhlys; an diesem Montag wird er ihn im Literaturhaus vorstellen. Und dieses Werk zeigt einmal mehr, dass der 54-jährige Schriftsteller unberechenbar ist, was die Wahl seiner Mittel angeht. Das Thema Wahrheit beschäftigt ihn zwar nicht erst seit diesem Buch; auch - nur zum Beispiel - in seinem wuchtigen, packenden Romanepos "Königreich der Dämmerung" von 2014 über Krieg und Schuld ging es letztlich darum, dass die Wahrheit nicht immer eindeutig zu benennen ist. War jener sehr erfolgreiche Roman jedoch vergleichsweise konventionell erzählt und trieb in jedem Kapitel einen anderen Handlungsstrang voran, so hat sich Uhly diesmal für ein sehr modernes, experimentelles Erzählen entschieden, für eine radikale Demontage.

Ignoriert man erste verdächtige Anzeichen, so beginnt der Roman ja noch relativ realistisch: Die Leser lernen die Hauptfigur Friedrich Keller kennen, Buchhändler wie sein Vater und sehr verschroben. Er wohnt allein in einem Haus in München, ab und zu einzig gestört durch seine kolumbianische Putzfrau Elvira. Der weltabgewandte Eigenbrötler lebt nur für die Literatur, die er in einer riesigen Bibliothek aufbewahrt. Wirklich glücklich fühlt er sich allerdings nur, wenn er in einem Stapel göttlicher Gedichte lesen kann, die ihm ein Unbekannter vor Jahren zugesteckt hat.

Weiterlesen:

https://www.sueddeutsche.de/kultur/liter...rheit-1.4285950


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Sirius
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