Keiner bekommt Sympathiepunkte
Eine Weiße, die sich als schwarz ausgibt, eine Lesbe, die einen Schwulen heiratet: Im Roman "Virginia" löst Nell Zink soziale Kategorien auf - und beobachtet, was passiert. Ein ironischer Roman über Doppelmoral und Lebenslügen.
"Da hast du dir aber ein ziemlich kompliziertes Leben ausgesucht", sagt die Mutter zu Meg, die lesbisch ist, betont männlich auftritt und zur Army will. Zu viel für die frühen Sechziger. Stattdessen landet die junge Rebellin auf einem Frauencollege und beginnt eine Affäre mit dem Literaturprofessor Lee Fleming, Sohn aus gutem Hause, der von seinen Eltern verbannt wurde, weil er schwul ist.
Meg wird schwanger, sie heiraten, bekommen noch ein Kind. Das Paar führt eine konventionelle Ehe, sie ist Hausfrau, er Ernährer. Sie ist die Verliererin, die Karriere (Meg möchte Theaterstücke schreiben) hintenanstellt und im Gegensatz zu ihm auf Affären verzichtet. Nach zehn Jahren hat Meg das Leben, das sie nie führen wollte, satt, schnappt sich die vierjährige Tochter und taucht unter.
Ihre Flucht ist zugleich erfolgreiche Emanzipationsgeschichte und sozialer Abstieg: Das neue Zuhause ist eine Abrissbude in einem sumpfigen Wald, für den Lebensunterhalt sammelt die ehemalige Professorengattin Regenwürmer, klaubt Tierkadaver von der Straße, macht Drogengeschäfte. Jedoch entwickelt sie sich langsam wieder zu der Person, die man zu Beginn kennenlernte. Mutig, wild, aber auch egozentrisch: Sie nimmt in Kauf, dass ihre Tochter in ärmlichsten Verhältnissen aufwächst.
Sohn Byrdie bleibt unterdessen beim Vater, der ihn gesellschaftskonform zu einem "Vorzeigekind" erzieht, das sich für Golf, Jagen und Frauen begeistern soll.
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https://www.spiegel.de/kultur/literatur/...-a-1264042.html
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