Revolution im Schaufenster
Prosa mit Patina: Alain Claude Sulzer erzählt in seinem neuen Roman von einem Schaufensterdekorateur, der von der neuen Zeit überrollt wird.
Unser Blick zurück auf die 1968er-Bewegung ist vorwiegend nostalgisch: Zeitzeugen erinnern sich im Jubiläumsdekadenrhythmus wehmütig daran, wie jung sie damals waren. Der Basler Autor Alain Claude Sulzer wählt in seinem neuen Roman «Unhaltbare Zustände» einen anderen Zugang und einen Helden, den 68 mit voller Wucht erwischt – und zwar von vorne. Für ihn, den Mann alter Schule, ist die ganze Sache verwirrend, unbegreiflich, abstossend. Die langen Haare, die nackte Haut, die unverschämten Forderungen!
Robert Stettler ist 58 in diesem Jahr 1968. Solange er denken kann, gestaltet er die Schaufenster des Quatre Saisons, des grössten Warenhauses in Bern. Ein Junggeselle mit festen Gewohnheiten, ohne Verwandtschaft, ohne Freunde, der ganz für seine Arbeit lebt und für das Ansehen, das sie geniesst.
Dann wird ein junger Kollege eingestellt. Dieser Bleicher sei der «frische Wind», den das Warenhaus brauche, erklärt Stettlers Chef. Tatsächlich machen Bleichers Schaufenster Furore; besonders die Erfindung von «lebenden Bildern» – Schauspielschüler räkeln sich in der Sommerdekoration – gilt als Revolution des Reklamewesens, grosse Magazine berichten weltweit.
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https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buec.../story/17025061
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