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  • AdventelegieDatum12.12.2015 10:10
    Thema von charis im Forum Satiren politisch, ges...

    Prolog
    Fremder, mich wundert dein Misstrauen nicht! Es soll dich nicht reuen,
    sind sie doch taub und blind, denken nur niedrig von dir.
    Zyniker lauern auf Opfer wie hungrige Hechte im Trüben.
    Ihre Worte sind Gift, langsam zersetzt es ihr Herz.


    I.
    Ruchbar wird der Zorn, Demagogen schüren die Ängste,
    Götter dürsten nach Macht. Volk, du ereiferst dich blind,
    schwörst auf christliche Werte, die lange schon keiner mehr nannte,
    bis sie erschienen aus Ost, Glut in den Augen so schwarz,
    apokalyptische Plagen. Schmarotzer fordern den Euro,
    Auge um Auge. Der Wahn, bar der Vernunft, ist Gebot,
    treibt aus purpurner Teufelssaat in den frostigen Hirnen
    Krieger, die gieren nach Blut. Satan ist wieder en vogue.


    II.
    Blanke Dummheit ist's, wenn Kalfakter des linken Gesindels
    Löffel verteilen. Gewiss keiner will Fremdlinge hier!
    Treib mit dem Griffel, o Dichter, die Gutmenschenbrut in die Wüste.
    Nimm dir das Recht und das Kreuz, lausche den Amseln am Feld.
    Ritter, bekreuzige dich und lobpreise den wahren der Götter -
    Mammon: Für alles von Wert wehen die Fahnen im Krieg!
    So gib Acht, und sieh zu, dass niemand das Futter uns stehle,
    mache die Stallungen dicht, setze das Kind vor die Tür.


    III.
    Schmücket die Häuser mit Tand und singet dem Jesulein Lieder,
    lasst euch berauschen vom Glanz, kauft schnell ein Iphone 6.
    Lasst sie doch jammern! Allahu akbar!? Er hat sie verraten,
    Hunger und Tod, inshallah! Friede sei allzeit mit Euch!


    Epilog (Goethe)
    Saget, Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste!
    Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe
    Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.

  • Ich will es wagenDatum12.12.2015 10:04
    Thema von charis im Forum Klassisch

    Ich will nach nie Erzähltem fragen
    Entschlossen in den Himmel ragen

    Die dunkelblauen Sommernächte
    Gleich dir als Seidenkleider tragen

    Ich will, wenn blind die Stürme wüten
    Mich biegsam neigen ohne Zagen

    An frostig kurzen Wintertagen
    Die Nacktheit mit Grandezza tragen

    Ich will den Jahresringen lauschen
    Geborgen unter zarten Lagen

    Von Raureif deine Träume teilen
    Gelassen aller Welt entsagen

    Geduldig, bis die Knospen springen
    Ich will den steten Wandel wagen

  • MondsüchtigDatum26.11.2015 07:43
    Thema von charis im Forum Klassisch

    Mondsüchtig

    Du scheinst mir entzaubert und grenzenlos traurig.
    Wer hat dir die schützenden Schatten entzogen,
    dein Licht auf verblichenen Tüchern so schaurig
    gerundet, um Sternengeleit dich betrogen?

    Du sehnst dich, dass wohlige Wolken dich streifen,
    doch alles harrt süchtig, betört und verzückt,
    als seist du ein Wunder, das nie zu begreifen,
    die Macht, die uns Zweifler dem Schatten entrückt.

  • Tiefe RisseDatum16.11.2015 07:52
    Thema von charis im Forum Klassisch

    Tiefe Risse

    In roten Plastikhüllen brennen Kerzen.
    Die Trauer schwingt sich auf zu einer Mahnung,
    sie fordert Stille. Schatten einer Ahnung,
    begrenzt von rotgestreiften Bändern, merzen

    die Hoffnung aus, es schützten Berge, Meere,
    ein reines Herz, gar Gott, vor allem Bösen.
    Vernünftig wollen wir die Ohnmacht lösen.
    Mit Beten, Schweigen trotzen wir der Leere

    des Nichtbegreifens, fühlen uns verbunden
    wie Lämmer, die sich eng zusammendrängen.
    Wenn Wölfe reißen, lecken wir die Wunden.

    Doch aus den Zweifeln keimt ein zähes Wissen:
    Nichts lässt sich ändern mit Canossagängen.
    Gewissen bleibt ein Fels mit tiefen Rissen.

  • LiebesliedDatum15.11.2015 10:30
    Thema von charis im Forum Zeitgenössische Lyrik

    Liebeslied



    manchmal
    löse ich das band

    blaue seide
    mittagsommerhimmel
    das tuch verschlissen
    verblasst die handschrift
    am karton


    langsam - stetig
    zerfällt der flügel
    all die farben
    grau
    wie nachts die katzen

    hungrig schleichen sie ums haus
    schaurig
    klingt ihr liebeslied
    nach schmerz und tod
    und angst

  • Entrez, entrez, mesdames, messieurs!Datum15.11.2015 10:03
    Thema von charis im Forum Satiren allgemein

    Entrez, entrez, mesdames, messieurs!
    Ein Drama

    Eine deutsche Kleinfamilie - Herta und Siegfried - unterhält sich am Frühstückstisch

    H: Guten Morgen Schatz, hast du gut geschlafen? Zieh deine Pantoffel an, der Küchenboden ist ganz kalt. Dort liegt deine Zeitung, sie ist heute besonders dick. Ich mache dir gleich deinen Milchkaffee.

    S: (grummelt)

    H: Bist du schlecht gelaunt, mein Lieber? Heute ist doch so eine prachtvoller Herbsttag.

    (Herta singt fröhlich, die verhärmten Gesichtszüge entspannen sich zusehends)

    Entrez, entrez, mesdames, messieurs!
    C'est le grand théâtre de Berlin!

    Komme, gib mir deine Hand
    Wir sprengen uns durchs Land
    Das Leben...


    S: Schweig Weib!

    H: Aber wieso denn, es doch so melodiös...

    S: Du verstümmelst mein Kunstwerk mit deiner Krähenstimme. Es wird Zeit, dass man in Deutschland wieder ordentlich singen lernt. Hast du mein weißes Hemd gebügelt?

    H: Ja, aber das hat so komische braune Flecken. Mussest du wieder einmal vor lauter Angst kotzen? Vergiss bitte deine Medikamente nicht wieder. Der Arzt hat gesagt, dass ist ein sehr wirksames Mittel gegen deine Panikattacken; du musst es unbedingt nehmen, bevor du auf die Straße gehst. Du weißt doch, was dir passiert, wenn du auch nur eine Frau mit Kopftuch siehst. Ich habe gerade die neuesten Forschungen über schizoiden Persönlichkeitsstörungen gelesen, dort wird diese Medikament unbedingt empfohlen.
    Ich werde dein Hemd nochmals waschen müssen.

    S: Red keinen Scheiß, ich habe keine Panikattacken, ich hatte bloß zuviel Schnaps gesoffen. Vergiss das Hemd, färbs gleich um!

    H: Nein, mach ich nicht, im Moment reicht es, dass deine Unterhosen braune Streifen haben.
    Ich habe immer mehr Mühe, deine Schreibe in dem Foren zu korrigieren. Ich hatte alle Hände voll zu tun, den Faden vollzuspamen, damit deine unüberlegten Beiträge untergehen und relativiert werden. Ohne die Freaks, wär mir das kaum gelungen. Das hast du natürlich super gemacht: Wie du den Dummen sagst, sie seien intelligente weitsichtige Menschen, aber...jetzt ist nicht die Zeit für Größenwahn, nur weil im Moment alles so gut für dich läuft. Die Gutmenschen sind unberechenbar, und alle sind noch nicht mundtot gemacht. Wird einer abgeschaltet, kriechen zehn neue aus ihren Löchern.

    S: Was heißt relativiert?

    H: Verharmlosen und dabei schauen, dass die Aussage erhalten bleibt: Moselms=IS, wir sind nicht fremdenfeindlich, aber die Opfer wurden schließlich im Namen Allahs umgebracht...wir schreiben keine widerlichen Spottgedichte, sondern wir klären auf, während die gefährlichen Gutmenschen eine "Kultur des Wegsehens" etablieren wollen.

    S: Was scheren mich diese Trottel!? Die einen sind Freaks und die anderen linke Intellektuelle, kein Mensch versteht die. Denk an die Gutmenschenverse und die Tütchen im Arsch. (lacht schallend) Wo bleibt mein Kaffee? Was muss ich in der Zeitung lesen?

    H: Gar nichts, mein Lieber, schau nur die Bilder an, ich habe dir schon ein Exzerpt verfasst.

    S: (liest vor) "Terroristen drohen mit weiteren Anschlägen" - Das ist alles??

    H: (streichelt liebevoll über die schon leicht ergrauten Locken S's) Mehr brauchst du doch nicht zu wissen, oder? Ich habe dir deine Bleistife gespitzt, das Zimmer ist gelüftet, der Schreibtisch abgestaubt: Schreib was Schönes! Mittag gibts dann einen schönen Schweinebraten.*)


    (*) die Charaktere sind frei erfunden, allfällige Ähnlichkeiten mit noch lebenden Personen sind nicht gewollt und daher rein zufällig)

  • SummaliabDatum08.11.2015 11:25
    Thema von charis im Forum Satiren allgemein

    Summaliab

    Summaliab
    woarm is heit
    ofaramol siach i di
    do staihn mit deine fraind
    of da stroßn

    du lochst
    bist groaß, net stoak
    a bissl bloach
    und host fost nou kuan bauch
    die hoar san mehr schitta
    oba nou host kua glotzn

    du redts sou geschait daher
    und göld hast a und an bmw
    a gstudierta hosnscheissa bist
    deink i ma

    oba di wü i hobm
    do is soa kribbln im bauch
    deink i ma
    oba dann siach i mi
    im schaufeinstaglos
    vom sax

    i bin z'oid und z'miad
    die blond g'färbm hoar san wia stroh
    die augn siach i net
    abo wegn dir glainzens sicha grod

    oda wegam eis hintam glos?

    i vagiss di!
    und kafma liaba drei kugln:
    schokolad
    eadbea
    hoselnuss

    in ana tütn

  • Brenne!Datum08.11.2015 11:22
    Thema von charis im Forum Klassisch

    Lass dich fallen in die dunkle Nacht,
    brenne, klage nicht, kein Tag vergeht,
    suche nicht im Licht mit aller Macht.

    Klug und wissend hast du dich erdacht,
    Zeit und Jahre - Jetzt ist es zu spät!?
    Geh nicht ruhig. Schau es neu erwacht,

    beug dich vor der wilden Wellen Pracht,
    müh dich tapfer, dass der Sturm dich schlägt,
    nimm die Dunkelheit als leichte Fracht.

    Stürz hinein in die geballte Kraft
    eines Sterns, der einfach geht, nicht wägt,
    nie verloren ist - sich neu erschafft.

    Kalt und schwarz ist dieser Weisheit Macht.
    Lache, fluche, sprich das Nachtgebet:
    Allein das Dunkel hat den Brand entfacht!



    *) nach "Do not go gentle into that good night" von Dylan Thomas

  • Der DistelfinkDatum05.11.2015 21:33
    Thema von charis im Forum Zeitgenössische Lyrik

    Ich denke an Flucht
    Die Wand im Licht

    Der Schein er trügt
    den Schatten ohne Makel
    draußen die Sonne
    Farben übersetzen

    - in der trüben Mitte
    halte ich das Gleichgewicht -

    klammern sich an Eisenstäbe
    kriechen in den Flaum
    Die Kette hält sie nicht

    Ich reise mit dem Licht

    Der Schatten fehlt


    *) inspiriert https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c...ritius-vink.jpg

  • VertriebenDatum05.11.2015 21:26
    Thema von charis im Forum Klassisch

    Vertrieben
    Im fahlen Licht die Brasserie,
    die Straßen sind noch menschenleer,
    der Sommer liegt in Agonie
    erdrückt von Wolken regenschwer.

    Ein Lied klingt leis mir durch Äonen,
    in Worten, die ich längst vergaß,
    erzählt von Riesen und Dämonen
    und Schätzen, die ich einst besaß.

    Ich klammer mich an deine Hände,
    dein Brief und ich im Ringelreihn.
    In öden Straßen wächst das Fremde,
    aus ockergelber Erde: Wein -

    so süß der Duft von den Spalieren,
    ein alter Baum, die Schaukel schwingt.
    Wie konnte ich das Bild verlieren,
    nicht hören, wie der Wind dort singt?

    Die weichen Schwünge jener Weite
    vor dunstverhangnen Bergen - schroff
    und wild - und du an meiner Seite,
    ist Tag für Tag, was ich erhoff.

    Der Kellner wischt die leeren Tische,
    und diese Stadt wird mir so fremd.
    Ich bin der Bettler in der Nische
    und rieche dein verschwitztes Hemd.

    Der Schmutz klebt zwischen bloßen Zehen,
    du läufst mir nach, ich lache laut.
    Es legt sich Staub und ich kann sehen,
    wie über Nebeln Himmel blaut.

    Stets war ich diesem Land verbunden
    aus dem ein Dämon mich vertrieb.
    Vergessen heilt nur scheinbar Wunden.
    Nun weiß ich, dass ich immer blieb.*)



    *) die klassische Kitschabteilung habe ich leider nicht gefunden

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