Das ist der wahre Grund, aus dem wir uns jedes Weihnachten dem Geschenke-Wahnsinn aussetzen – und immer wieder scheitern
Kürzlich rief mich ein mir sehr nahestehender Mann an. Es musste dringend sein, das war mir sofort klar, denn eigentlich redet dieser Mann nicht besonders gern. „Was ist los?“, begrüßte ich ihn alarmiert. „Ich hab’s verbockt“, jammerte er. Sein Selbsthass tropfte durchs Handy in mein Ohr. „Was denn?“, fragte ich. „Na, dieses ganze Weihnachtsgeschenkeding!“
Was war passiert? Tja, der mir nahestehende Mann findet eine Frau toll. Und als er und die Frau sich das letzte Mal sahen, sagte er folgenden Satz zu ihr (warum er ihn sagte, das bleibt sein Geheimnis): „Ich finde, Weihnachtsgeschenke sind nichts als Konsumterror.“ Die von ihm bewunderte Frau schien sofort ein bisschen beleidigt und erwiderte dann: „Aha, schade. Ich hab dir nämlich schon eins besorgt.“
Na gut. Der Mann hatte, ganz offensichtlich, für seine Kapitalismuskritik nicht den richtigen Augenblick erwischt. „Aber da kannst du dich wieder rausretten“, munterte ich ihn auf. „Du musst jetzt nur das richtige Geschenk für sie finden.“ Der Mann keuchte, im Hintergrund hörte ich dazu wilde Geräusche, es klang wie in einem Bahnhof. „Nur?“, kreischte er. „Nur das richtige Geschenk finden?“ Er stand, wie er mir jetzt offenbarte, mitten in der Fußgängerzone einer Großstadt. Seit ein paar Stunden war er dort schon erfolglos auf der Jagd nach dem perfekten Geschenk gewesen. Ich konnte ihn zwar durchs Handy nicht sehen, stellte mir aber vor, wie er vor der Auslage eines Schmuckgeschäfts stand, Menschenmassen an ihm vorbeiströmten und ihm dicke Tränen die Wangen hinunter rannen.
„Gib mir doch mal einen Tipp“, riss er mich aufgebracht aus meinem Kopfkino. Ich machte ein paar Vorschläge. An jedem davon hatte der undankbare Mann etwas auszusetzen. „Schmuck will ich nicht kaufen!“ (weil sie das vielleicht übertrieben finden könnte); „Basteln kann ich nicht!“ (weil er keine Lust dazu hat); „Es muss aber ungefähr genauso viel kosten wie ihr Geschenk für mich!“ (weil er ansonsten a) zu überambitioniert oder b) zu geizig rüberkommen würde).
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