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Herzklappen von Johnson & Johnson

#1 von Sirius , 23.03.2020 17:29

"Herzklappen von Johnson & Johnson": Wenn die Pein in der Landschaft verschwindet

In Emils Familie definiert man sich über das, was er nicht empfinden kann: Schmerz. Doch Valerie Fritschs Roman "Herzklappen von Johnson & Johnson" findet einen Ausweg.
Eine Rezension von Christoph H. Winter

Aufgrund einer genetischen Mutation kann der Junge Emil keinen physischen Schmerz spüren. Wenn ihn die Erwachsenen bei Familienfeiern immer heftiger zwicken, entlockt ihm das nicht die kleinste myalgische Reaktion. Das ist insofern durchaus schmerzhaft, als Schmerz in Emils Familie ein identitätsstiftender Faktor ist, über den ständig geredet, über den sich definiert wird. Schon Emils Urgroßvater zog in den Krieg gen Osten und verlor im Kriegsgefangenenlager in Kasachstan zwei Zehen, brachte dafür "eine von der Temperatur draußen unabhängige Kälte" sowie unüberhörbares Schweigen zurück. Und auch das kann schmerzvoll sein.

Zusammen mit Emils Urgroßmutter, einer mondänen, hypochondrischen, in Distanz zur Welt lebenden Frau, bildet er in Valerie Fritschs zweitem Roman Herzklappen von Johnson & Johnson den Hauptbezugspunkt des Schmerzes, der von ihnen ausgehend auf die nachfolgenden Generationen strahlt. So wächst auch ihre Enkelin Alma, Emils Mutter und Protagonistin des Buches, in einer Umgebung auf, in der es bis auf den Schmerz nichts Authentisches gibt, jeder zwischenmenschliche Kontakt mehr Inszenierung und Aufführung als aufrichtige Begegnung ist. Kein Wunder also, dass nach Emils Geburt postnatale Depression und die Entfremdung zum Kindsvater Friedrich Alma "verwintern" lassen.

Valerie Fritsch erzählt die Schmerzensgeschichte ihrer Figuren in einer so epischen wie zartfühlenden Sprache, welche die präzise Beobachtung in effektvolle Bilder fasst. So wird die Unterhaltung zwischen Enkelin und Großmutter nicht nur mit einer romantischen Assoziation verknüpft, sondern gleichsam mit dem memento mori eines anatomischen Bilds: "In die Hirnschale der Großmutter hineinzuschauen", schreibt Fritsch, "war wie ein Blick in den Nachthimmel: Man sah immer nur in die Vergangenheit des Universums."

Weiterlesen:

https://www.zeit.de/kultur/literatur/202...e-fritsch-roman


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Sirius
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