Noch’n Statement
Herr Minister hat gesagt. Frau Bundestagsabgeordnete hat gefordert. Ein Verband meint was. Und da hinten, ein Hinterbänkler, auch er meldet sich zu Wort, gibt ein Statement ab. Ich höre Stimmen, dauernd Stimmen. Alle reden sie auf mich ein. Senf, überall Senf, den auch das unwichtigste Würstchen in diesem Land dazugeben muss.
Der Corona-Ticker meldet, dass irgendein Abgeordneter der SPD etwas zur Impfpflicht zu melden hat. Unten in der Wartehalle der U-Bahn weist man auf den Leinwänden, die die Wartenden unterhalten sollen, auch nochmal auf eine Einschätzung eines CDU-Gesundheitsexperten hin. Und bei Twitter teilen gerade mehrere Follower den Kommentar eines Verbandsfunktionärs, der etwas zur Herdenimmunität angemerkt hat. Die Schauspielerin einer Vorabendserie hat gemeint, man solle sich unbedingt impfen lassen, wie mir ein Online-Magazin meldet. Wen holen sie als nächstes ans Mikrofon?, frage ich mich da. Kermit? Die Putzfrau vom Lindner? Das ungeborene Kind der Spahns?
Hat nicht auch Arno Dübel was Wichtiges zur Pandemie zu melden? Wenn ja, das muss man mir bitte auch noch mitteilen. Damit die Dauerberieselung bloß nicht endet, damit wir Rezipienten gar nicht erst in die Versuchung gerate, auch nur für einen Moment auszuspannen und durchzuatmen. Man kann gar nicht unwichtig genug sein, ob nun Hinterbänkler oder Sternchen, ganz egal: Wenn wer was zum Thema sagt, egal wie unoriginell, wie lahmarschig oder doof, dann wird man es uns auftischen. Statement für Statement. So arbeitet unsere Mediokratie schon seit Jahren. So schlimm wie jetzt war es allerdings noch nie.
Schon vor etlichen Jahren fiel mir auf, dass der Medienbetrieb mehr und mehr aus Ein-Satz-Einspielern und Kurzkommentaren von bekannten und auch weniger bekannten Gesichtern besteht. Damals schrieb ich, dass »diese Ich-muss-zu-jedem-Thema-meinen-Senf-dazugeben-Mentalität […] das Medienspektakel« dominiere. »Nachrichten sind ein Sammelsurium aneinandergereihter Ein-Satz-Statements und hohler Schnellphrasen. Wichtig ist nicht die Darlegung einer Problematik, die genaue Berichterstattung einer derzeit aktuellen Nachricht, wichtig ist, was dieser gesagt, jener gesagt, sonstwer gesagt hat. […] Meinungen, die sowieso jedem klar sein sollten, weil qua Position dieser Herrschaften eine bestimmte Reaktion geradezu konditioniert ist. Die banale und nichtige Meinung wird zum Gegenstand moderner Schnellschuss-Berichterstattung.«
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https://www.neulandrebellen.de/2021/08/nochn-statement/
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Ich schäme mich dafür, ein Deutscher zu sein. 20'jährige Tankstellenaushilfe wird ermordet und der Pöbel klatscht. Kotz!
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