Kubicki über Impfpflicht
Ein "Zeichen" an die Geimpften? Das sind Rachegelüste
Er ist gegen eine Impfpflicht – über die diese Woche der Bundestag diskutiert. Denn eine Mehrheit dürfe nicht der Minderheit erklären, was vernünftig sei. Ein Gastbeitrag von FDP-Politiker Wolfgang Kubicki.
Verschaffen wir uns einen Überblick über die aktuelle mediale Corona-Debatte, so fällt Folgendes auf: Die öffentlich sehr breit getragene Diskussion über die allgemeine Impfpflicht wirkt wie der Versuch, wieder Klarheit in der Verworrenheit des coronapolitischen Alltags zu schaffen. Die Widersprüche häufen sich – und mit ihnen sinkt die allgemeine Bereitschaft, den Vorstellungen der Ministerpräsidentenkonferenz noch gedanklich und logisch zu folgen. Nach fast zwei Jahren unter Pandemiebedingungen ist dieser Umstand ziemlich bemerkenswert.
Ein paar Beispiele: In Berliner U-Bahnen gilt man als genesen, wenn die Corona-Infektion nicht länger als drei Monate her ist. In Berliner Restaurants hingegen gilt man als genesen, wenn die Infektion nicht länger als sechs Monate her ist. Bei Veranstaltungen unter 2G-plus-Bedingungen ist der Antigen-Schnelltest bei Geimpften zuverlässig, bei Ungeimpften jedoch grundsätzlich nicht.
Die Impfung schützt uns sicher vor einer schweren Erkrankung, aber selbst Geboosterte müssen unter "2G plus" vor den doppelt Geimpften mittels eines Tests geschützt werden. Vor dem Hintergrund dieser merkwürdigen Wirrungen fühlt sich die mit deutlich weniger Dimensionen ausgestattete Diskussion über die allgemeine Impfpflicht wie mentaler Balsam an.
Es ist nicht lange her, da hat das Robert Koch-Institut die deutsche Öffentlichkeit mit Zahlen überrascht, die in der aktuellen Debatte bisher kaum Erwähnung fanden. Das "COVID-19 Impfquoten-Monitoring in Deutschland", die COVIMO-Studie, stellte fest, dass die sogenannte "Impflücke" in der relevanten Altersgruppe ab 60 Jahren ziemlich klein ist. Bei der Impfquotenschätzung ergab sich bereits Mitte Oktober für die Altersgruppe von 60 bis 69 Jahren eine Quote von 93,5 Prozent, zwischen 70 und 79 Jahren von 95,5 Prozent und die über 80-Jährigen lagen bei sage und schreibe 96,6 Prozent.
Es steht zu erwarten, dass innerhalb der vergangenen drei Monate die Impflücke noch weiter geschlossen wurde. Wen wollen wir in der hauptsächlich betroffenen Altersgruppe mit einer Impfpflicht eigentlich noch erreichen? Und wenn wir die Vulnerablen bereits so stark geschützt haben, wie hilft es ihnen, wenn wir jetzt andere, weniger Gefährdete zu einer Impfung verpflichten?
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https://www.t-online.de/nachrichten/deut...egelueste-.html
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