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Hanna Bervoet: Dieser Beitrag wurde entfernt

#1 von Sirius , 10.08.2022 16:10

Hanna Bervoet: Dieser Beitrag wurde entfernt

Hanna Bervoets Roman „Dieser Beitrag wurde entfernt“ erzählt von den moralischen Abgründen der digitalen Community.
Suizidversuche, Misshandlungen, Vergewaltigungen, Enthauptungen. Das Internet ist voll mit Bildern und Videos, die – abgesehen von ein paar kranken Freaks – niemand sehen will. Content-Moderatorinnen und -Moderatoren bewerten und kehren sie von der Plattform, wenn sie durchs Raster fallen, eine Art digitale Müllabfuhr. Weltweit gibt es Tausende dieser Menschen, die gemeldete Beiträge prüfen. Kayleigh ist eine von ihnen. Sie ist die Protagonistin im Roman „Dieser Beitrag wurde entfernt“ der niederländischen Schriftstellerin, Drehbuchautorin und Kolumnistin Hanna Bervoets.
Kayleigh ist jung, pleite und nimmt deshalb den Job in der Firma Hexa an. Im Akkord schaut und bewertet sie Clips: 500 am Tag, beim Gang auf die Toilette wird die Zeit gestoppt. Nichts darf in den Arbeitsraum mitgenommen werden, nichts herausgetragen, alles, was dort gesehen wird, bleibt auch dort. So ist es gedacht.
Für Kayleigh erscheint der neue Job weitaus weniger dramatisch als ihr vorheriger im Callcenter - da hatte sie es mit unzufriedener Kundschaft zu tun. Bei Hexa hingegen: „unglaublich entspannend, dass mich hier niemand anbrüllt“. Gut, Kayleigh ist zu dem Zeitpunkt in einer Trennungsphase und nicht ganz bei sich, wie sie rückblickend erzählt.

Wie im Schlaf kann sie die Richtlinien herunterbeten, die sie auf die „Tickets“, die gemeldeten Beiträge, anwendet. Wann wird ein Video stehengelassen? „Nicht, wenn Blut sichtbar ist. Dagegen schon, wenn die Situation eindeutig komisch ist. Nicht, wenn Sadismus im Spiel ist. Allerdings schon, wenn das Gezeigte einen aufklärerischen Wert hat“. Oder: „Ein nacktes Kind darf nur dann abgebildet werden, wenn das Foto einen Nachrichtenwert besitzt, außer Abbildungen aus einem KZ: Fotos unbekleideter minderjähriger Holocaustopfer sind verboten.“ Verstörend ist die Abgeklärtheit, mit der Kayleigh an die Sache geht. Und langsam dämmert es: Ihre coole Art kann nur eine Farce sein, ein Schutzschild, ein Verdrängungsmechanismus. Denn offensichtlich befindet sich Kayleigh nach ihrer Hexa-Episode in therapeutischer Behandlung.

Sie sei kein Opfer, beteuert die Ich-Erzählerin. Sie habe gewusst, was sie tat, als sie den Job anfing. Einem Anwalt erzählt sie im Rückblick, was bei Hexa geschah: Mit der verblendeten Sicht der Protagonistin blickt die Leserin, der Leser in eine mehr als toxische Arbeitswelt, in der Mitarbeitende langsam durchdrehen, den Alltag nur noch im Rausch ertragen und schleichend in die Welt von Verschwörungserzählungen abrutschen. Die Spätfolgen: Kolleginnen und Kollegen sind depressiv, gehen aus Verfolgungswahn nur mit Elektroschocker ins Bett, zucken im Supermarkt zusammen, wenn sich jemand hinter sie stellt. Und Kayleigh? Schwebt auf Wolke sieben.

Weiterlesen:

https://www.fr.de/kultur/literatur/hanna...g-91711251.html


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Sirius
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