Häusliche Gewalt
Wie ernst die Lage in den Frauenhäusern ist
Die meisten Frauenhäuser waren im Jahr 2022 regelmäßig voll belegt. Eine Datenauswertung von CORRECTIV.Lokal zeigt erstmals, wie schwer es für gewaltbetroffene Frauen ist, einen freien Platz zu finden.
Mal angenommen: Du bist eine Frau und hast drei Kinder. Ihr lebt in Hessen, in einer kleinen Stadt. Es ist der Morgen nach Heiligabend 2022 und dir tut alles weh. Dein Partner hat dich verprügelt. Und das nicht zum ersten Mal. Heute fasst du den Entschluss zu gehen. Sobald er um 8 Uhr aus dem Haus ist, suchst du nach einem Platz in einem Frauenhaus. Du hast vielleicht noch zwei Stunden Zeit, bevor er wieder kommt. Du rufst die zentrale Internetseite auf, die angibt, welche Schutzorte derzeit freie Plätze anbieten.
Das ist, was du heute findest:
Von 310 Frauenhäusern haben fast 70 Prozent keinen Platz (). Sehr viele Häuser machen keine Angabe (). Auf der Karte suchst du nach den Häusern, die euch aufnehmen können.
Du hast Glück: Zehn Häuser haben gerade etwas frei. Aber kommen dort auch alle deine Kinder unter? Denn wie viele Betten in den Frauenhäusern frei sind, zeigt die Karte erst einmal nicht.
Über einen Filter findest du heraus, dass zwei Häuser auch Platz für deine Kinder haben: Eines in Schleswig-Holstein, eines in Bayern. Du googelst die Entfernungen: Beide sind knapp 500 Kilometer weit weg.
Wie sollst du das schaffen? Deine Kinder sind noch klein. Der Gedanke an eine weite Reise macht dir Angst. Dein Partner kommt bald wieder nach Hause.
Versuchst du es an einem anderen Tag?
Was wird bis dahin passieren?
Der erzählte Fall ist fiktiv, aber die Daten und die grundsätzlichen Probleme bei der Suche nach einem geeigneten Schutzplatz sind echt.
83 Prozent Durchschnittliche Belegungsquote in 2022
Wenn eine Frau häusliche Gewalt erfahren hat, braucht sie schnell Schutz – zum Beispiel in einem Frauenhaus. Doch die Frauenhäuser in Deutschland sind stark überlastet. CORRECTIV.Lokal hat erstmals ein Jahr lang erfasst, wie oft Frauenhäuser in 13 Bundesländern voll belegt waren. Die Daten zeichnen ein eindeutiges Bild: Vergangenes Jahr meldeten die ausgewerteten Frauenhäuser im Durchschnitt an 303 Tagen, dass keine Aufnahme möglich war. Wenn ein Platz frei wurde, war er oftmals schon nach wenigen Stunden wieder besetzt.
Die Folge: Bedrohte Frauen finden nur schwer einen Platz oder müssen in ein weit entferntes Frauenhaus reisen. Besonders schwierig wird es, wenn sie auch Schutz für mehrere Kinder suchen. Wie im Beispiel oben. Denn nicht alle Frauenhäuser haben die Möglichkeit, größere Familien aufzunehmen. Dabei ist der Bedarf groß: Eine Umfrage des Vereins Frauenhauskoordinierung kam 2021 zu dem Ergebnis, dass rund ein Drittel der Frauen mit zwei und mehr Kindern ins Frauenhaus zog. Viele kommen sogar mit drei oder mehr Kindern.
Weiterlesen:
https://correctiv.org/aktuelles/2023/03/..._eid=7a83bdcc66
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