Bodo Kirchhoff „Bericht zur Lage des Glücks“
Bodo Kirchhoffs delikater und befremdlicher Roman „Bericht zur Lage des Glücks.
Bodo Kirchhoff, Experte für vertrackte Liebesgeschichten, hat in seinem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Roman „Widerfahrnis“ die Welt in ein Idyll einbrechen lassen: ein Flüchtlingskind, das mit dem neuen Paar eine Art Familie bildete, eine Familie unterwegs. „Bericht zur Lage des Glücks“ nimmt fünf Jahre später das Muster auf, spinnt es weiter, spinnt es weit aus. Ein umfangreicher Roman, eine eigenartige, packende, abstoßende Konstellation, eine Reise, nein eine „Flucht, der Ernstfall des Unterwegsseins“, durch ein brutal heißes und auch ansonsten brutales Italien. Und ins finstere Herz eines Mannes und – wie sich zeigen wird – Mörders.
Er ist der einzige Erzähler, und ein dominanter. An sich selbst ist er mehr interessiert, als Leserinnen und Leser es sein dürften. Das Schonungslose seiner Selbstoffenbarungen fruchtet nicht, führt nicht zu der Zuneigung, die er so sehr bräuchte. Nicht im Buch und nicht beim Lesen. Perspektivwechsel sieht dieser Erzähler nicht vor, was andere denken, erfährt man nur, wenn sie es aussprechen. Er gerät in „Versuchung“, ein Begriff, dessen Bedeutung ihm als ehemaligem Mitarbeiter einer kirchlichen Zeitung wohlbewusst ist. Die Frau, scheint es, lässt ihn, den Wortreichen, abblitzen. „Seit ihrem No way war es still im Raum.“ Er hat nicht viele Fragen an sie.
Der Erzähler hat alles unter Kontrolle, seine Macht über das Erzählte ist absolut, wenn der Autor es will. Solche Grundregeln muss der Schriftsteller Bodo Kirchhoff nicht erst entdecken, er kann damit spielen von Anfang an. Jedoch nutzt es dem Erzähler als Mann nichts. Der „Bericht zur Lage des Glücks“ sieht das Glück im Abwind, der Abwind durchzieht den Roman, der anfänglich noch einen Schwung hat, aber der Schwung erweist sich als lange Abwärtsbewegung.
Auch beim archaischen Mord durch Erschlagen wird es nachher bloß heißen, dass der Stein nach unten fällt, aber so, dass der Kopf des Opfers „größtmöglichen Schaden“ nimmt. Als der, den er später morden wird, erstmals ins Bild kommt, ändert sich das Erzählklima jäh. Der Erzähler neigt zu Sentenzen und würde wohl hier etwas sagen wie: Nur wer sehr liebt, kann auch sehr hassen.
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https://www.fr.de/kultur/literatur/bodo-...s-91033800.html
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