Oktober
Morgennebel auf den Weiden
Radio sagt Nachtfrost an.
Böse Zeit der Rheumaleiden,
Bankenkrach und Börsenwahn.
Tschüss, ihr süßen Urlaubsträume
Oktober ist der Sommers Tod.
Birken, Buchen, Apfelbäume
verkleiden sich in Gelb und Rot.
Philosoph in aller Stille
schaut dem bunten Treiben zu,
putzt die Nase, putzt die Brille,
staunt: Schon wieder Herbst? Nanu!
Helmut Brunhorn
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Herbstgedanken
Die letzte Aster blüht im Garten,
das Feld wird kahl, die Bäume braun,
der Winter lässt nicht auf sich warten,
legt Rauhreif über Dach und Zaun.
Des Sommers Schönheit ist verflogen,
nun brausen Stürme durch den Wald
längst sind die Schwalben fortgezogen,
die Nächte werden lang und kalt.
Ich schneide meine Rosenranken,
das welke Laub verweht im Wind,
mir geht durch meine Herbstgedanken
dass wir hier nur auf Reisen sind.
Elisabeth Finke
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Oktoberlied
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
vergolden, ja vergolden.
Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!
Und wimmert auch einmal das Herz,
Stoß an, und lass es klingen!
Wir wissen´s doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
vergolden, ja vergolden.
Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.
Die blauen Tage brechen an;
Und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen.
Theodor Storm
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An den Herbst
Eh die grauen Nebelschleier
brauen über Tag und Nacht,
zünde, Herbst, zu einer Feier
einmal nach der Farben Pracht.
Hauch der Sonne zartes Gold
über Astern gelb und rot,
lass sie leuchten, lass sie sprühen,
ehe welkend sie verglühen,
siehe, balde sind sie tot.
Eh die grauen Nebelschleier
brauen über Tag und Nacht,
zünde, Herbst, zu einer Feier
einmal nach der Farben Pracht.
Hermann Helmut Kern
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Herbstlicher Vers
Nun schickt der Herbst das Leuchten in die Wälder.
Grellbunte Brände lodert jedes Blatt.
Wie welkt das Herz dem wandermüden Fremden,
Der nur die Einsamkeit zur Heimat hat..
Schon fegt der Sturm den Sommer in die Gosse.
Im Park der Ahornbaum schreit blutigrot.
Der Regen weint die immergleichen Tropfen,
Und auf den Wiesen riecht es morsch nach Tod.
Da überfällt den Wandrer banges Schweigen
Und tiefes Weh um Schönheit, die verdirbt.
Herr, nimm mich fort aus diesem letzten Glühen
Und lass mich sterben, eh mein Sommer stirbt.
Mascha Kaleko
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Novemberstimmung
Der Sturm entriss in wildem Wehen
den Bäumen das herbstliche Laub,
jagte es über Felder und Höhen
und wirbelte es über den Staub.
Nun ruht er nach seinem verwegenen Spiel,
hält ein im Tanzen und Tosen.
Ein Reif auf Blumen und Halme fiel,
auf Blätter und welkende Rosen.
Nebel umhüllen die müde Erde,
undurchsichtig und schwer.
Die Sonne kämpft an des Himmels Rand,
wissend, zum Sieg reicht die Kraft nicht mehr.
Novemberstimmung liegt auf dem Land,
das leise in Trauer sich hüllt,
wenn schon vom Werden und Vergehn
ein Hauch die Wälder füllt.
Irmgard Schröder-Hauptmann
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Träume nur, Seele ...
In den verdämmernden Herbsttag hinein
zauberst du lachenden Sonnenschein,
und aus der Blätter vergilbendem Flor
blühen dir duftige Veilchen empor,
träumende Seele.
Tönt denn der Glocken dumpfhallender Klang
dir wie ein schmetternder Lerchengesang?
Siehst du der Erde verweintes Gesicht,
fühlst du die eisigen Nebel denn nicht,
träumende Seele? -
Träume nur, träume ... der Frühling ist weit;
Rosen hat's nimmer im Winter geschneit -
dumpf nur und klagend, verweht vom Nordwest,
läuten die Glocken zum Totenfest.
Träume nur, Seele ...
Clara Müller
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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November
Sonne streichelt schiefe Gräbermale
Mit den zitterigen Fingern dünner Strahlen.
Auf dem Wege glänzt die Spur der Schnecke,
Die sich weitermüht wie meine Liebe
Und den Fuß erwartet, der sie unbedacht zertritt.
Im Moderbrett bitterer Blätter sind die Hagebutten
Meiner Freunde eingescharrt und warten
Auf die Hand, die sie mir willig ausgräbt:
Rosenfrüchte, frische Lippen im November.
Hermann Lenz
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Herbstweh
So still in den Feldern allen,
Der Garten ist lange verblüht,
Man hört nur flüsternd die Blätter fallen,
Die Erde schläfert – ich bin so müd.
Es schüttelt die welken Blätter der Wald,
Mich friert, ich bin schon alt,
Bald kommt der Winter und fällt der Schnee,
Bedeckt den Garten und mich und alles, alles Weh.
Joseph von Eichendorff
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Herbstmanöver
Ich sage nicht: das war gestern. Mit wertlosem
Sommergeld in den Taschen liegen wir wieder
auf der Spreu des Hohns, im Herbstmanöver der Zeit.
Und der Fluchtweg nach Süden kommt uns nicht,
wie den Vögeln, zustatten. Vorüber, am Abend,
ziehen Fischkutter und Gondeln, und manchmal
trifft mich ein Splitter traumsatten Marmors,
wo ich verwundbar bin, durch Schönheit, im Aug.
In den Zeitungen lese ich viel von der Kälte
und ihren Folgen, von Törichten und Toten,
von Vertriebenen, Mördern und Myriaden
von Eisschollen, aber wenig, was mir behagt.
Warum auch? Vor dem Bettler, der mittags kommt,
schlag ich die Tür zu, denn es ist Frieden
und man kann sich den Anblick ersparen, aber nicht
im Regen das freudlose Sterben der Blätter.
Laßt uns eine Reise tun! Laßt uns unter Zypressen
oder auch unter Palmen oder in den Orangenhainen
zu verbilligten Preisen Sonnenuntergänge sehen,
die nicht ihresgleichen haben! Laßt uns die
unbeantworteten Briefe an das Gestern vergessen!
Die Zeit tut Wunder. Kommt sie uns aber unrecht,
mit dem Pochen der Schuld: wir sind nicht zu Hause.
Im Keller des Herzens, schlaflos, finde ich mich wieder
auf der Spreu des Hohns, im Herbstmanöver der Zeit.
Ingeborg Bachmann
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Im Herbstabend
Wenngleich der Abendstern
schon blinkt,
ganz fern
die Sonne sinkt,
lässt Abendröte noch zurück,
wie gern
spult man den schönen Tag noch mal zurück;
wenn auch vom Baum
Blatt auf Blatt schon leis herniederschwebte,
doch kaum
ein Wind einen Wipfel heut bewegte.
Wo kaum ein Wölkchen, geschweige eine Wolkenwand,
durchs Firmament heut zog,
nur Strahl auf Strahl vom Sonnengang
weites Land in goldnen Herbstglanz hob.
Walter Heczko
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herbsttag
hernstlaub flirrt
im nordostwind
spätäpfel fallen
„auch ich“ sagt die greisin
„gehe bald ein
ins große recycling
- ca me fait rire“
früh am nachmittag schon
nehmen schatten wieder
vom rasen besitz
und eh es noch abend
legt sich der wind
unter schräger Zirbelkiefer
zur ruhe
Kurt Marti
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Welke Blätter
Plötzlich hallt mein Schritt nicht mehr,
sondern rauschet leise, leise,
wie die tränenvolle Weise,
die ich sing', von Sehnsucht schwer.
Unter meinen müden Beinen,
die ich hebe wie im Traum,
liegen tot und voll von Weinen
Blätter von dem großen Baum.
(Selma Meerbaum-Eisinger)
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Herbstmorgen
Ich zog mich an.
Ich ging ans Fenster.
Und draußen war es Herbst.
Im nassen Mantel kam mein Freund;
Geruch von Regen hing im Raum.
Er grüßte nicht,
er setzte sich
und sagte dieses eine Wort nur:
Herbst.
Dies Wort, es war so frisch
wie eine Frucht, am Aste baumelnd
wenn es geregnet hat.
Dobrisa Cesaric
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Herbstgedanken
Da ich die grüne Pracht der Bäume zärtlich liebe
Und folglich mich anjetzt im Herbst bei ihrem Fall,
Bei der Entblätterung der Wipfel überall
Und der Vernichtigung des Laubes recht betrübe,
So deucht mir doch, ob hör ich sie im Fallen
Zu meinem Troste dies mit sanftem Lispeln lallen:
"Du siehest uns von dem geliebten Baum
Nicht, um denselben zu entkleiden,
Noch um ihn nackt und bloß zu lassen, scheiden;
Ach nein, wir machen frisch und schönern Blättern Raum."
Barthold Hinrich Brockes
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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