Das Fibelmeer

Im Meer beginnt es langsam schwarz zu schneien.
Das Euter läutet an dem Wasserast.
Das Rad der Fische will sich Pfeifen leihen
denn schrecklich schwankt der große Meerpalast.

Die Wasservögte ankern nach den toten Sternen.
Den Leuchtturm steckt der Wind in seinen Sack.
Die Bernsteintiere ziehn gemolken in die Fernen
gefolgt von leckem Zwerg und Kinderwrack.

Der Sturm schlägt auf die Pauken und die Knallen.
Die Schwämme tauchen auf mit wildem Schrei.
Der Wind sitzt sich von neuem seine Krallen
und hängt sich Kapitäne ins Geweih.

Hans Arp

Im Großen und Ganzen

Im Großen und Ganzen
sind Flöhe und Wanzen
nicht dazu geeignet
auf Höhe zu tanzen

Sie tanzen ganz unten
ganz unten am Boden
und haben dadurch
einen recht kühlen Hoden

Nun sind alle Wanzen
und Flöhe verduftet
zurück bleibt die Lyrik
für euch hingeschuftet

Willy Astor

Kusskuss

Vor dem Kusskuss tanzt die Gigi
gerne Gogo
ohne Tutu ohne Tamtam
einfach so

Kiki trinkt den Kusskuss purpur
wie ihr Papa
Pepe kriegt sie nur mit Rum rum
an der Barbar

Lulu lutscht den Kusskuss gegen
jedes Wehweh
Guruguru heilt mit Bonbon
Beriberi

Didi macht aus Kusskuss Kunstkunst
nennt es Dada
spielt in Sing Sing aus dem Eff Eff
einen Cha Cha

Wer den Kusskuss beim Cancan kann?
Das ist Coco
dreht den Tsetse – man wird gaga -
wie ein Jojo

Nach dem Kusskuss legt der Kuckuck
gern ein Ei ei
schiebts der Mama unterm Popo
und sagt bey bey

Sybil Volks

Eberhard

Wenn Juwelen aus Versehen funkeln,
und Rüben nur aus Rücksicht runkeln
Wenn die gemeine Gartenamsel intensiv nach Käse riecht
und der Emmentaler Käse jedes Jahr gen Süden flieht
dann kommt er gleich
dann kommt er gleich

Staatsstreich? Staatsstreich? -

Wart, lass mich zu Ende reden:
Wenn die Königin von Schweden
ihrem Ehemann, dem König, sagt
in Schweden sei es ihr zu kalt
und übehaupt, Stockholm sei halt
so etwas von öde, insbesondere nachts
ohjemineh, da kommt er schon
ohjemineh, da kommt er schon

Der Anstifter zur Revolution?

Ach was! Der blöde Eberhard
in seinem Flohmarktmantel
und seiner viel zu stark geschminkten Freundin!

Igitt, die alte Hexe!

Und er erst: Nur Komplexe

Was hat er denn für welche?

Einen ganz banalen:

Im Dunkel seiner Unterhose
wohnt eine Totalphimose
das heißt: die Vorhaut ist verengt
was er allerdings verdrängt
denn ihm graut vorm Hospital
wo man sein Geschlechtsmerkmal
zwar in tiefer Vollnarkose
aber ohne Unterhose
mit spitzen Krankenschwersterfingern
und Skalpellen und so Dingern
chrirurgisch reduzieren würde

Kein Wunder, dass ihm davor graut!

Ach was, son kleiner Lappen Haut

Und was sagt seine Freundin?

Die arbeitet im Hospital

Dann ist es doch nicht so banal -

Max Goldt

Locklied

Willst du meine Schrippen bestrippen?
Soll ich deine Backen auspacken?

Willst du meine Stellen abpellen?
Soll ich deine Flecken entdecken?

Willst du meine Axeln bekraxeln?
Soll ich deine Haxen befaxen?

Willst du meine Lappen betappen?
Soll ich deine Happen aufschnappen?

Willst du meine Ecken ablecken?
Soll ich deine Schnecken abschmecken?

Willst du meine Ritzen beflitzen?
Soll ich dien Spitzen erhitzen?

Willst du meine Morcheln beschnorcheln?
Soll ich deine Funzeln rapunzeln?

Willst du miene Muskeln majuskeln?
Soll ich deine Datteln besatteln?

Willst du meine Koppeln behoppeln?
Soll ich deine Moppeln verdoppeln?

Willst du meine Gipfeln bewipfeln?
Soll ich deine Wipfeln bezipfeln?

Willst du mir ecetraecetra?
Soll ich dir ecetrapepe?

Jan Koneffke

Erotisches Variété

Auf offener Straße in der Nacht
Entkleidet sich ein Kneipenwirt.
Ein Ingenieur ist aufgebracht,
Der sich bei seinem Weib verirrt.

Nach gleichgesinnten Viechern schielt
Ein homosexueller Hund.
Ein Greis, der mit sich selber spielt,
Merkt: Allzuviel ist ungesund.

In schmutzig grüner Tunke hockt
Ein blauer Syphilitiker.
Ein Boxer bebt. Ein Baby bockt.
Verstiert fault ein Zylinderherr.

Ein Auto bringt ein Fräulein um.
Ein Junge bricht ein Mädchen an.
Verbittert ist ein Mensch. Warum?
Weil er nicht coitieren kann.

Alfred Lichtenstein

Sein

sein das heuten tag sein es ein scheißen tag
sein das gestern tag sein es gewesen ein scheißen tag ebenfalz
kommen das morgen tag sein es werden ein scheißentag ebenfalz
und so es sein aufbauen sich der scheißen woch
so es sein aufbauen sich der scheißen april
und es sein anhängen sich der scheißen mai
und es sein anhängen sich der scheißen juni scheißen
juli august etten zetteren
so es sein aufbauen sich der scheißen jahr
und haben jeden der scheißen jahr darauf einen nummerton
neuzehnscheißhundertsiebenundsiebzigscheiß
scheißneunzehnhundertscheißachtundscheißsiebzigscheiß
so es sein aufbauen sich der scheißen leben
schrittweizen hären von den geburten
und sein es doch wahrlich zum tot-scheißen.

Ernst Jandl

Mädchenlied

Nachts, wenn die Schiffe heulen am Hafen
(nein, das geht nicht, das war schon sehr da),
kann ich nicht schlafen, außer mit Grafen
oder dem Ignaz
dem blonden Ignaz von Korsika.

Nachts, wenn die Wüste strotzt von Hyänen
(nein, das geht nicht, die sind mir zu wild),
kann ich nicht schlafen, außer mit Dänen,
Tivoli-Dänen,
oder dem Türken vom Wirtshausschild.

Nachts, wenn die Mörder Vollmondschein schlürfen
(nein, das geht nicht, die trinken nur Gin),
kann ich nicht schlafen, außer mit Maulwürfen,
und auch den Igeln,
den zärtlichen Igeln geb ich mich hin.

Andreas Okopenko

Das blinde Q

Es war einmal ein blindes Q
Das wollte so gerne küssen
Es wurde vonnem U gestützt
Und kann deshalb nur quizen

Quasi immer Quark und Quitten
Was das Q sehr quälte
Worauf es mit Gitarre sich
Mal zu dem Q-Damm stellte

Dort sang so schön das blinde Q
Gestützt vom U, dem Zivi
Die Leute sagten:
Blindes Q, du klingst wie Wonder Steve!

Willy Astor

Ein Spiritousenleben

Frau Magenbitter hauts vom Stuhl,
Herr Dornkaat liegt daneben.
Eifrig bemüht sich Pommery,
versucht sie aufzuheben.

Dem jungen Korn ist nichts mehr klar,
Frau Gin sieht eine Maus.
Herr Pils beugt sich zu weit nach vorn
und fällt zur Flasche raus.
Alles verdunstet, schwappt und ölt,
Entkorkt sich auf den Tischen.

Auch Fräulein Selters geht es schlecht.
Sie muss hier morgen wischen.

Simon Borowiak

Hail to thee Snitzel!

Hail to thee Snitzel
and you wurstl con crauti
forza Luciano Gamberoni e tutti i provoloni
mein ist das suppngrün spricht der herr witzigmann
min herze zieht flädle
hechtschaum und brüstlcanape
schwarzwurst und kandismeuse
durch den landwehrkanal
Gelobt sein die süßen bataten
zibeben und frittaten
die serviettenknödeln
marillen und

Hail to thee Snitzel
and wurstl con crauti!
Benedicamus Kotelett!
Praise the Lord of the hiccups!

Axel Marquardt

Zwischen den Heuhaufen der Moderne
Buridans Abzählreim für Billigesser

Tschatschlück, Dönner Fladdnbrottn,
Brattgewurstl, weiß und rottn,
Tscheffsalatt, ein Schpickl-Ey,
Pratzkartuffeleiner-Ley,
Lasz-die Sanje, Nurdelglück,
pirza – plosz kein Seyten-Schtück!-,
Pfrittn, Hottdokk, Doppelwhopps,
Gullatsch odr Roll-den-Mopps,
Tortelarni, Fitsch pannürt,
Tschweinerbauch, inns Fätt sarvürt,
Bickmäck, Schnarzel, Urpfeltatschen,
Halba-Haan, Gemüs-Mitschmatschn,
Frühlinksroller, Körrireisz,
Flaschmann odr Maggnum -Eisz?

Imma her den ganzen Scheisz!

Matthias Politycki

Begnüge dich, Liebste
An Eveline

Ich kann dir nicht, was andre schenken, schenken
Und nicht die Welt aus den Gelenken lenken.
Du darfst dich nicht auf Schmuck uns Spitzen spitzen,
Wirst nicht mir mir auf goldnen Sitzen sitzen,
Jedoch, der ich des Dichters Habe habe,
Vermag es, dass dich andre Labe labe:
Schon fühl ich es von Liederkeimen keimen,
Ich will sie dir in goldnen Reimen reimen,
Dass dir gar lieblich ihr Getöne töne,
Und dich der Verse Schmuck verschöne, Schöne!

Heinrich Seidel

Gastronomisch-weinkultureller R(h)einfall

Grunz aus der Küche:
Forztrockenes Schneckensüppchen -
A la Hopp oder alla Toscana.
Pfallz gewünscht
Auch Samagen flambé
In Balsamico-Dornfeldersiff
Mit landestypisch-türkischer Mehlspeise
An Italotellerrand,
Serviert von cretinierten Thaimädels
(Oder sind es Weinköniginnen),
Das Ensemble gekrönt von Sä Lorä,
gepaart mit amerikanischer Lautsprecherberiesling.
„Besonder´s „Mittwoch s“, Abend s“
„Auch zum Mitnehmen“.

Wolfgang Rimbach-Sator

Man sollte es nicht für möglich halten

Wenn einmal die polyglotten Hottentotten der bigotten Rotten spotten,
Und die Sprotten, ungesotten, in den Grotten mit den flotten Schotten trotten,
Wenn die satten glatten Ratten, tief im Schatten, wo sie sich verborgen hatten,
Nach Debatten auf den Matten zwischen Latten mit den Mäusen sich begatten,
Wenn nach Noten die verrohten Kunstdespoten den Heloten schnöde
mit Knallschoten drohten,
Wenn die Frauen aus Samaden, ebenfalls aus Berchtesgaden, ohne den
geringsten Schaden oft in Baden-Baden baden,
und mit den noch nassen Waden naschen im Schokoladen-Laden,
Wenn die fetten Amoretten bei den Letten in den Städten an den netten
Tanzduetten mehr Pläsier als an Motetten hätten,
Wenn die Müden und Stupiden mit Sylphiden Verse schmieden
Und die Briten unbestritten, was sie früher nie gelitten,
Gegen alle Handelssitten ihr gemünztes Gold beschnitten,
Wenn in Beuthen Pharmazeuten mit gescheuten Sommerbräuten
munter auf die Weide gehen,
Und die dergestalt Gefreiten unter hellem Glockenläuten munter auf der Weide stehn,
Wenn dies so wie Kraut und Rüben früh um sieben, wie beschrieben, vor sich geht,
Ja, dann lässt sich vor den Leuten selbst in Zeuthen nicht bestreiten, dass das Feld
Der Hundtagszeiten in der vollsten Blüte steht!

Alexander Moszkowski