Es fing mit einem Kreuzworträtsel an. 'Selbsttötung' wurde gesucht. Ganz klar: 'Suizid'.
Und so kamen wir auf ein Thema mit gewaltigem Erregungspotential zu sprechen. Darf man? Kann man? Und wenn 'Ja', dann aber auch bitte mit Anleitung, nämlich: 'Wie'! Und welche Gründe sind denn überhaupt akzeptabel?
„Komm!“, meinte ich zu der notorischen Disputantin, „Lass uns jetzt nicht rumfrömmeln. Betrachten wir es ausnahmsweise emotionsfrei und als ein abstraktes Problem. Das: 'Wie' scheint bei näherer Betrachtung ziemlich kompliziert zu sein, wenn man die hohe Anzahl der erfolglosen Bemühungen so sieht. Man schätzt die Fehlschläger auf eins zu fünf und natürlich hat's zusätzlich auch noch eine hohe Dunkelziffer.“
Hängen wurde von uns beiden sofort als völlig indiskutabel verworfen. Wenn die Schlinge falsch sitzt, – und man hatte ja vorher kaum geübt, dann zappelt man minutenlang aus vollster Überzeugung den Hanf-Fandango, ohne dass jemand klatscht. Bei gekonnter Erhängung unterbricht die Schlinge sofort die Blutversorgung zum Hirn, und dann wird man auf der Stelle ohnmächtig. Hängen ist beileibe nicht einfach. Wenn der Fall zu hoch, bzw. zu tief ist, hinterlässt man eine entsetzliche Schweinerei mit abgerissenem Kopf und das finde ich unsozial – was können die anderen Idioten denn dafür, wenn man sich selber nicht mehr aushält? Ich möchte schließlich auch nicht unverhofft mit solitären Körperteilen konfrontiert werden.
Allerdings: In den guten alten Zeiten ohne Fernseher war die Begaffung von möglichst lang andauernden Hinrichtungen ein beliebter Volksvergnügen mangels anderer Möglichkeiten der Zerstreuung. Alleine diese Erleichterung, selber nicht das arme Schwein auf dem Podest da oben zu sein, lohnte ja den Sonntagsspaziergang. Aber heutzutage finden Hinrichtungen dann doch eher in Altersheimen statt. (Noch ein Grund mehr, sich den Abspann nicht in voller Länge anzutun.)
Erfrieren soll angeblich recht angenehm sein. Eine Freundin meiner Freundin hatte sich jede Menge Valium besorgt und diese mit Schnaps runter gespült, während sie im Winter in einem abgelegeneren Waldstück spazieren ging. Die hätte ich einfach mal fragen müssen, ob es Spaß gemacht hat.
Aber: Nee! Das ist mir zu risikoreich. Nachher kotze ich die Tabletten wieder aus und hole mir eine Lungenentzündung statt Tot.
Sich vor einen fahrenden Zug schmeißen? Das machen doch schon an die drei Leute täglich. Und es ist auch gar nicht nett gegenüber dem Zugführer.
So gingen wir sämtliche Methoden durch: Erschießen? Zu blutig. Zyankali? Wer weiß schon, ob man nicht minutenlang mitbekommt, wie das System nach Luft jappst. Bungee jumping ohne Seil? Und nachher reißt das auch noch. Nee. Nicht mit mir. Ertrinken soll besonders unangenehm sein. Dauert angeblich an die sieben Minuten und so viel Geduld besitze ich einfach nicht.
Kohlenstoffmonoxidintoxikation! Leichter zu praktizieren als auszusprechen. Ich würde dafür mein Sofa in die Nasszelle schubsen, einen Sauerstoffverbraucher aufstellen, ein gewaltiges Kawumm nieder schnorcheln und etwas lesen, bis ich ein-ent-schlafe. Und wenn es nicht klappen sollte, muss ich das niemandem erklären, weil es doch keiner mit bekommt. Das ist ja das Peinliche an diesen Fehlschüssen in den Kopf. Man muss hinterher erläutern und erklären und keiner glaubt es. Daneben geschossen! Kann doch jedem mal passieren.
Ich hängte mich in die Datenleitung. Unter http://suizidinfo.com/Methoden.html werden einige angebl. schmerzfreie Methoden erläutert, seine final-fatal-letale Selbstkritik zu praktizieren. Ich entscheide mich für die Trockeneinsmethode anstelle eines Holzkohlebecken. Das wäre mir zu dreckig, zu unsicher und außerdem hat's Feuermelder überall, alle sehr an Aufmerksamkeitsdefiziten, sozusagen an elektronischen ADHS leidend, und wenn ich dann gedankenverloren mit vorgestülpter Unterlippe eine THC-Wolke gen nach oben ablasse und das Ding unter der Decke beschwert sich kreisch-fiepsiger als es dem gekonnten Abglottern gut tut, ist die ganze Stimmung im Eimer. Nicht vergessen: Den Heuler im Badezimmer abklemmen.
In der Türkei sterben jedes Jahr ganze Großfamilien an schlechten Öfen. Völlig ohne Absicht. Kann also nicht allzu schwer sein. Muss ja echt eine schöne Erfahrung sein, wenn jemand gar nicht mitbekommt, dass er gerade stirbt.
Also. Wenn ich …, dann aber ganz zärtlich und human. Abzusehen ist allerdings, dass mein, auf Überleben konditionierte System, sich wie doof ans Leben klammern wird, wenn die Große Grätsche droht. Außerdem bin ich feige. Übrigens: Genau deswegen lebe ich noch.
Nun zu den Gründen, bevor ein Vulgär-Psychologe sein Brevier aufschlägt. Selbstmord kann unter bestimmten Umständen eine durchaus ehrenwerte Tat sein. Aber Selbstmord, weil man sich sein eigenes Schwinden nicht weiterhin angucken will? Ist das nicht etwas feige? Mindestens schlicht? Außerdem gibt es Regeln, jedenfalls unter zivilisierte Menschen. Ist es nicht ehrenvoller, sich vom Leben selber besiegen zu lassen, als nachzuhelfen? (Ach? Ich habe mal in einem Altersheim gearbeitet. Ehrenvoll. Haha.)
Manchmal braucht es Morgens mehrere Stunden, bis ich den Schock der täglichen Offenbarung überwunden habe, ein alter Mann zu sein.
Die Evolution hat keinen Grund gesehen, sich für Lebewesen, die für sie nicht mehr interessant sind, zu interessieren. Es brächte auch Null Vorteile für die Art, wenn man das Sterben als lustvoll erleben würde. Da würden ja alle ganz schnell sterbeabhängig. Alte Menschen sind total überflüssig. Außer vielleicht ganz damals, als die Alten in prähistorischen Zeiten den Wissenspool, die Bibliothek ersetzten, was bestimmt von Vorteil für das Überleben war: Nein, diese hübschen rote Pilze mit den weißen Flecken sind Bah.
So. Nun eine Frage an den einen Leser: Löst dieser morbide Stoff nicht eine gewisse Beanstandung aus? Er ist nicht optimistisch, witzig, oder gedankenschwer. Nur die Thematik ist es. Bei dem Wort 'Selbstmord' wird doch schon eine ganze Palette unangenehmer Assoziationen freigesetzt.
Soll ja auch eine Sünde sein! Und ein Schock für die Familie. Alleine der Versuch schon wurde im Mittelalter mit dem Tod bestraft. Das war in jedem Fall Alternativvoll. Klappst nich da, klappst halt dort.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Antwort der einen Leserin: Nein, keine Beanstandung.
Ein ähnliches Gespräch habe ich erst kürzlich wieder geführt. Quintessenz: Es sollte vermieden werden, andere zu schockieren. Es ist weder feige noch würdelos.
Würdelos ist, was einem blühen kann, gerät man in die Hände der Altenverwalter.
Ohne Tod kein Leben, Karlchen. Da muss man doch mal laut drüber nachdenken dürfen!
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Schreib es auf
Kisch (Ein Kriegstagebuch) oder Kitsch (Zitatenmissbrauch)?
Als ich die Augen öffne, einen frischen Tag zu beginnen, so wie gestern, vorgestern und vermutlich täglich neu seit 67,5 Jahren, schießt mir doch tatsächlich dieser Überschrift gebende Satz durch den Kopf.
Als ob ich etwas Mitteilenswertes zu … äh … mitzuteilen hätte. Oder wenigstens etwas Lustiges.
Einen Eintrag in den Ordner, wo Verstorbene gelistet werden, wg. dieser Dolores Dingsdabumsda von den Cranberies?
Das soll Lustig sein? Alle Menschen, an welche ich mich halbwegs gewöhnt habe sterben und mit dem Ersatz komme ich nicht klar.
Mein Universum zieht die Grenzen zusammen, schimpft sich sicherlich Imploration oder so, Stagnation ist angesagt, es wird immer schwerer dem Ganzen irgendwelche positiven Aspekte abzugewinnen – selbst die Drogen wirken nicht mehr. Was früher Spaß machte ist heute Anstrengung, was früher Anstrengung war ist heute tantalosartig, bzw. sisyphuskesk, was weiß ich. Lebensüberdruss gepaart mit Angst vor dem Sterben. Seltsame Kombination. Und womöglich haben die Buddhisten recht und hinterher habe ich es nicht hinter mir, sondern erneut vor mir, nur schlimmer.
Wie soll ich das Bedauern klaglos in Worte fassen, welches mich überkommt, wenn ich das bisher Geschriebene lese? Der Mensch hat sein Schicksal anzunehmen. Leben ist tödlich. Hör' auf zu jammern, da müssen/mussten Alle durch. Nutzt nix.
Außerdem schaffen es die Worte nicht, ein Abbild meiner Wahrnehmung zu schaffen. Auf dem Bildschirm ist der Inhalt so vage, davor nur ist er konkret in mir. Sobald ich es versuche zu beschreiben schwächt es sich ab, kokettiert karlauarich mit erzwungenem Angstgrinsen. Biedert sich an: Lach doch. Denk nicht an das Grauen. Es ist schon grauenvoll genug, wenn Grauenvolles passiert, da muss man nicht vorher schon so tun, als ob.
Nutzt auch nix.
IsJaGut. Ich hör' schon auf.
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"Lebensüberdruss, gepaart mit Angst vor dem Sterben".
Dem kann ich sehr gut folgen, Karle.
Lach nicht!
Auch wenn ich erst das 51. Kalendarische Lebensjahr anreiße, bin ich mir wohl bewusst, dass mein biologisches
Alter weit darüber liegt. Das ausschweifende, exzessive Leben hat seinen Preis.
Und noch mal von vorn beginnen geht nicht.
Meine größte Angst ist es, dass ich den Abschluss nicht schaffe.
Den Tag, an dem ich mich zurücklehnen und sagen kann: Jetzt ist alles erledigt.
Alles bezahlt, alles beglichen, alle Versprechen eingelöst.
Und endlich alle Koffer ausgepackt.
Wenn mir dann noch ein paar Jahre "überbleiben", um alles Revue passieren zu lassen, vielleicht noch einmal aufzuflackern -
wie eine herabgebrannte Kerze - dann ist alles gut.
So seh ich die Sache. Heute.
Interessantes, wenn auch unbequemes Thema.
Tja...
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Ich denke, es ist gut, die Ängste aufzuschreiben und sich damit zu beschäftigen, sie wahrzunehmen und zu akzeptieren. Sonst bleibt einem auch kaum etwas übrig, es sei denn, man findet eine emotionale Möglichkeit, sie komplett zu ignorieren.
Immerhin klingt hinter dem ernsten Thema immer noch der (Galgen-)Humor und der Masochismus, sich immer wieder mit diesem Thema zu beschäftigen, dazu noch für unsere Erbauung und vielleicht zu unserem Trost.
Und Jonny: Einen feinen Kommentar hast du dagelassen!
Sirius
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Habselt viel Dank für Eure Befasse.
Es gibt da einige widersprüchliche Feinheiten. Man kann u.U. den Gott Depri 'en Phu! wecken, wenn man seine Seelenpein hinschreibt und dann ist absolut Schluss mit Lustig. Des Weiteren ist ein Forum kein Lebenshilfeverein. Ich jedenfalls gehe davon aus, dass Ihr alle halbwegs eigenverantwortlich klar kommt – und falls nicht, ist es nicht mein Problem. Das kann man nicht vermitteln: Die Kunst sich selber zu ertragen – und zwar gerne!
Dann noch die Problematik der exakten Darstellung …
Bitte, wie soll das denn möglich sein, wenn man selber völlig durcheinander ist, und mit dem Gefühl lebt, einen Scherbenhaufen an Gefühlen zu hüten? Also, die Darstellung wie folgt, ist genau so dämlich:
„Diesmal ist es ernst!“ Jeden Morgen fällt diese Erkenntnis wie ein gefrorener Wackelpudding auf ihn herab. „Kein Spielchen um Grenzen zu testen (an dieser Stelle einen aufrichtigen Dank an den zuständigen Schutzengel), kein leichtes, abstreifbares Gruseln, wie man es sich von Steven King erhofft. Keine Dramatik und große Erhabenheit. Bloß banale, kleine, bohrende Ängste vor irgendetwas Unangenehmen, häufig unangenehmer, als wenn das Unangenehme tatsächlich passiert. (Kein Witz! Angst ist manchmal schlimmer als die Ursache.)“
Man liest irgendwelche Blättchen für Senioren, aber die Tipps für mehr Lebensqualität passen einfach nicht auf einen und reizen nur zum Lachen. Hört Udos: 'Mit 66 Jahren fängt das Leben erst an', und möchte ihn am liebsten ausbuddeln und verdreschen, natürlich unterlässt der zivilisierte Mensch solch Thun – er hatte ihm diese Ansage ja sowieso nie geglaubt.
Man will nicht zum Gniffelkopp werden. Und man blickt sich um – da gibt es fast nur noch Gniffelgründe. Der Schlimmste Gniffelkoppgrund ist die Tatsache, dass man selber bloß Mittelmaß ist und all die großen Träume sich als große Träume erwiesen.
Nein. Der schlimmste Gniffelkoppgrund ist die Dunkelheit am Ende des Tunnels.
Und zur Abwechslung mal wieder ein Spottgedicht?
Vor mir, an der Kasse schiebt
den Wagen, vermutlich ein Weib
(wenn man nur etwas genauer hinsieht),
mit einem Arsch, der biegt
doch glatt die Raumzeit.
Nun bückt sie sich, packt auf das Band
mit wurstig Fingern – voll beringt.
Der Anblick macht mich blümerant,
ein Elefant wär weg gerannt.
Sie war auch noch geschminkt.
Sie roch wie Parfümflakon,
trug High-Heels an den Haxen,
wog 150 Kilo schon,
sprach der Ästhetik hässlich Hohn,
wollt' wohl auf 160 wachsen.
Wo sind nur all die Elfen hin?
Die hübschen, mit geringer Masse
unschuldig Erotik, kurz vor Beginn
der Sinnlichkeit, ich glaub ich bin
hier an der falschen Kasse.
Du Jonny, "Den Tag, an dem ich mich zurücklehnen und sagen kann: Jetzt ist alles erledigt. Alles bezahlt, alles beglichen, alle Versprechen eingelöst." werde ich nicht erleben, dafür habe ich zu viele Versprechen gebrochen, zu viele Leute benutzt ohne zurückzuzahlen, erst letzten Monat ist ein Gönner von mir gestorben, ohne dass ich mich bedankt hatte, obwohl 'Onkel Günter' viel Geld, Zeit und Nerven investiert hatte, als ich aus der Spur lief.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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In Japan gibt es einen "Wald der Selbstmörder"
https://www.welt.de/reise/Fern/article16...ara-Waldes.html
Das hat etwas. Sterben in der Natur.
Und: Die Leute, die nach dewn Leichen suchen, wissen was sie erwartet. Schockiert dürfte da keiner sein.
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Ein interessanter Link, Eris Ado. Danke dafür!
Dein Spottgedicht erscheint mir beim Vegetieren in den Fußgängerzonen und in den Supermärkten eher Realität als Satire zu sein. Und die Elfen gibt es noch, zwar nicht unschuldig, das wäre ja auch noch schlimmer, aber mit der gewünschten Sinnlichkeit. Aber auch ich bin der falsche Kunde an der falschen Kasse, seufz.
In der Jugend habe ich mir immer ausgemalt, was ich im Alter alles machen werde, und jetzt im Alter denke ich daran, was ich in der Jugend hätte alles machen können. Irgendwie koordinieren Tun und Zeit nicht miteinander.
Was nutzt einem die schönste Wiese, wenn man sie nicht betreten kann? Und Träume, die man nie lebt, während man aber jeden Schweineeimer zum Reintreten mitnimmt.
Ich will immer noch hoch zu den Sternen, dabei rieche ich schon nach Erde.
Du bist nicht alleine, Karl-Ludwig, und eines ist sicher: Jeder Tag zählt! Jeder!
Sirius
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