Zwei Brüder zechen durch die Nacht – und Heinz Helle schreibt einen grossartigen Roman
Heinz Helle hat einen der schönsten Brüderromane der jüngeren deutschen Literatur geschrieben. Es ist ein Requiem auf einen verstorbenen Bruder und zugleich eine Suche nach dem Glück des Einzelnen.
Wenn selbst bayrische Bierkneipen zu schwierigem Gelände werden, dann ist es Heinz Helle. Beim deutschen Autor spürt man stets das Gewicht der Welt, und man sollte sich nicht täuschen lassen, wenn sein Roman «Die Überwindung der Schwerkraft» heisst. Er beginnt in der Vergangenheit. Mit Kneipen, Suff und Sorge. Und mit einem Brüderpaar, das in die Münchner Nacht zieht, um ordentlich einen draufzumachen. Es geht durch Schwabing und die Ludwigsvorstadt, in den «Flaschenöffner» und die «Bachkneipe». Man philosophiert und trinkt, aber mit dem Alkoholpegel steigt auch der geistige Gehalt.
Wo ist man hier? In einer der schönsten Brüdergeschichten, die die deutsche Literatur in letzter Zeit hervorgebracht hat, oder in einem historischen Seminar? Wohl beides, denn «Die Überwindung der Schwerkraft» erzählt einerseits vom innigen Verhältnis zweier Halbbrüder zueinander, und andererseits geht der Roman der Frage nach, was der Einzelne ist und was die Gesellschaft aus ihm macht. Fast wie ein grosser Essay wirkt dieses Buch, in dem der jüngere um den älteren Bruder trauert. Er trägt Erinnerungen an den vor Jahren schon Verstorbenen zusammen und rekonstruiert das Denken eines melancholischen Menschen. Seine Abgründe und sein manchmal ungeschicktes Aufbegehren gegen das, was ist.
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https://www.nzz.ch/feuilleton/zwei-brued...oman-ld.1420140
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