Zuerst wollte ich die glücklichen Azubis auf den Plakaten von Lidl aufs Korn nehmen, denn der Unterschied zu denen, die den Sprung in ein festes Beschäftigungsverhältnis schafften, ist beeindruckend, alleine schon im Gesicht.
Doch dann stolperte ich über
https://ggr-law.com/persoenlichkeitsrech...was-ist-satire/
und verlor sämtliche Hemmungen:
Was passiert, wenn der Begriff Satire von Juristen erläutert wird? Klar, erst mal Paragraphiges, schließlich sind wir in Deutschland, und zwar sehr absolut resolut: MUSS eine Botschaft transportieren. DARF fast alles bekämpfen. Aber SOLL keine Wehrlose verhöhnen, keine Fakten fälschen oder Tabus ohne Botschaft verletzen. Und auch nimmer sinnvolle Formalbeleidigungen nutzen, und das alles außerdem stets unter Berücksichtigung der Menschenwürde.
Tucholsky war da anderer Meinung: „Satire darf alles.“ (nur können muss sie es, meinte R.G. dazu. Ich persönlich übe noch dieses 'Alles') Kurtchen meinte nämlich keineswegs: 'Alles, aber nur wenn primär eine Botschaft transportiert werden soll'.
'Satire MUSS sich sinngemäß zusätzlich die Frage gefallen lassen, ob der satirische Beitrag geeignet ist, die Welt zu verbessern.'
Ja, wer hat sich das selber noch nie gefragt: Ist diese Welt nun ein besserer Ort, nur aufgrund meiner Schreibe? Und wenn ja, warum passiert trotzdem immer noch jede Menge Übel, obwohl ich mir doch so viel Mühe gebe. Siehe dieser Text. Und wenn nein, was ich persönlich für wahrscheinlicher halte, sollte der Satiriker nun umsatteln? Auf Pressesprecher einer Volkspartei gar? Nee, das wäre Zynismus oder Schmähkritik, und sowas ist auch schlecht wie die Pest.
'Keine Satire ohne ernsthafte Botschaft. Das Ziel der Satire MUSS sinngemäß darin bestehen, die Gesellschaft auf Missstände hinzuweisen, mit dem Ziel, dass diese beseitigt werden.' Und um Himmels willen keinen Nihilismus.
Lieber Herr Karsten Gulden mit der windschnittigen Frisur und dem einnehmenden Lächeln. Satire ist nicht den Einschränkungen von gutem Geschmack, Augenmaß, Fairness gar, unterworfen. Satire darf alles, sogar Satiren über Satiriker schreiben.
Womit wir endlich beim Thema wären: Ich! traue mich bald nicht mehr, den Schreibfinger auf die offenen Wunden der Zeit zu legen. Keine Witze über Frauen, Juden und Autobahnen (Autobahn geht gar nicht!). Auch Behinderte, Kinder, Haustiere und Erdo?an sind absolut taboo.
Übrigens: Witze über meine Bemühungen, der Gegenwart auf möglichst humorvolle Weise die Schweinemaske abzureißen, sind auch verboten.
Ich habe diesem Herrn Gulden eine Kopie von diesem Text zukommen lassen. Vielleicht springt er genau so an, wie damals der Rezepteverteiler.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Was wohl sinnvolle Beleidigungen im Amtsdeutsch sind? Und natürlich muss die Satire die Wahrheit sagen, im Gegensatz zu dem Artikel, den sie karikiert. Wie wir am Fall Böhmermann gesehen haben, ist Satire strafbar, Folterungen und Massenmord dagegen nicht.
So etwas müssen Satiriker wissen. Selbst ein satirisches Gedicht kann den Lynchmob aktivieren, wie auch Grass lernen musste, wenn es gegen die „guten Mörder“ geht.
Lächerlich ist schon der Satz, dass Satire die Welt verbessern muss, nachdem man sich gerade (sa)tierisch darüber aufregt, wie schlecht sie geworden ist, von Leuten, die dazu keine Erlaubnis brauchten. Satire muss das nur demaskieren, die Wahrheit darf das ja leider nicht immer.
Dass Seehofer ein Arschloch ist, ist eine sinnfreie Beleidigung, das mag sein, aber sie ist zutreffend, leider keine Satire. Dass all die Leute ebenfalls Arschlöcher sind, die so ein Arschloch wählen, weil mit ihrem verschissenen Charakter etwas nicht stimmt, ist ebenfalls keine Satire, ich wollte auch nur die freien Zeilen füllen.
Du, Karl-Ludwig, kannst gar nicht so schnell schreiben, wie der ganze Dreck passiert – und der ist real, während Du Dich an satirische Regeln halten musst. Da sehe ich eine große Diskrepanz, die man nur mit geeigneter Wortwahl und Verachtung überbrücken kann.
Der Herr Gulden sieht aus, wie ein netter Versicherungsvertreter, den Frauen gerne im Bademantel ins Haus lassen, wenn der Mann zur Arbeit ist. Dagegen kann man sich leider nicht versichern, versichern die Anwälte, aber solange es nicht ernst gemeint ist, ist ein Ehebruch satirisch abgedeckt.
Bei Tacheles darf Satire alles, weil wir die lieben, die sich darüber aufregen.
Ein feiner Beitrag, Karl-Ludwig!
Sirius
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... und ich hatte mir doch eine weniger schlappe Reaktion gewünscht ...
Sehr geehrter Herr Saligmann,
Ihre Nachricht habe ich erhalten. Auch ich bin ein großer Freund der Satire. Die Ausführungen sollten Sie emotionslos betrachten. Es handelt sich lediglich um die juristische Betrachtungsweise dieses elementaren Kulturgutes.
Ich wünsche Ihnen auch zukünftig viel Freude beim Verfassen Ihrer Schriften und alles Gute auf Ihrem weiteren Lebensweg.
Mit freundlichen Grüßen
Karsten Gulden, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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Immerhin hat er geantwortet, das ist doch was. Dann hast du gut geschrieben.
Darüber freue ich mich auch und wünsche dir noch viel Freude beim Verfassen deiner Schriften und für deinen Lebensweg bei Tacheles!
Sirius
Reset the World!
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