«Die Leute in den Städten lassen sich ihren liberalen Geist nicht rauben»
Der Schriftsteller Zülfü Livaneli über die Stärke der Zivilgesellschaft in seinem Land.
Herr Livaneli, die Türkei macht positive Schlagzeilen – weil sie den Mord an einem kritischen Journalisten aufgedeckt hat. Eine böse Ironie?
Verbrechen gegen Journalisten und Angriffe auf die Pressefreiheit nehmen weltweit zu. Und die Türkei war und ist eines der problematischsten Länder, was Presse- und Meinungsfreiheit angeht. Ich selbst wurde 1971 durch die Militärs nach dem Staatsstreich mehrmals inhaftiert; nun sind Kollegen von mir im Gefängnis, und ich stehe davor und protestiere. Aber was mit Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul geschehen ist, hat eine andere Qualität. Das ist entsetzlich und unvorstellbar. Dass Trump sagte, allfällige Sanktionen dürften auf keinen Fall den Waffendeal mit Saudiarabien gefährden, ist eine Schande! Aber auch, dass Deutschland allein 2018 Rüstungsexporte nach Saudiarabien im Wert von über 416 Millionen Euro genehmigt hat – in ein Land, das Menschenrechte mit Füssen tritt und wöchentlich Menschen hinrichtet –, ist kaum zu glauben.
Sie gingen auch für die Autorin Asli Erdogan auf die Strasse. Hatten Sie keine Angst?
Wir haben alle Angst. Doch ich vermute, dass Asli Erdogan jetzt aus ihrem Frankfurter Exil zurückkehren könnte. Ihre Bücher werden in der Türkei offen verkauft und diskutiert; überhaupt floriert der Buchhandel. Aber: Man weiss nie. Meine Lage ist anders, ich gehöre einer älteren Generation an, viele sind mit meinen Gedichten und Liedern aufgewachsen. Ich war politisch tätig, bin eine Art öffentliche Figur und moralische Instanz. Ich kann und will die Leute nicht im Stich lassen.
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https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buec.../story/16824288
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