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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#1 von Sirius , 16.01.2016 19:37

Bücher, die die Welt verändert haben

Beginnen muss man sicher mit Augustinus (354-430) Werk De Civitate Die (Vom Gottesstaat), gedruckt 1467.

https://de.wikipedia.org/wiki/De_civitate_Dei

Das Werk reagiert auf den Niedergang des römischen Reiches mit der These, an seine Stelle müsse ein von der christlichen Kirche durchdrungender Gottestaat treten.
Den Verlauf der Geschichte beschreibt A. als Kampf zwischen zwei Gemeinwesen, der von der Liebe Gottes beseelten Civitas coelestis (himmlisches Gemeinwesen) und der vom Menschen bestimmten Civitas terrena (irrdischen Gemeinwesen). Beide sind in den realen Einrichtungen der Gesellschaft verbunden, aber die Geschichte kann als Entfaltung der Absicht Gottes gedeutet werden, die Menschen durch seine Gnade zu erlösen.
Damit wird A. zum Begründer der Geschichtsphilosophie, die der Geschichte einen Sinn und ein Ziel verleibt.
Das Werk hat 22 „Bücher“, Augustinus schrieb 14 Jahre daran.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#2 von Sirius , 17.01.2016 12:10

Flavius Petrus Justinianus (482-565, Kaiser von Ostrom); Institutiones, gedruckt 1468.

http://www.proverbia-iuris.de/corpus-iuris-civilis/

Nicht zu verwechseln mit den Institutiones des Gaius, J. orientiert sich lediglich an dem Werk Gaius.
Was ist nun so bedeutungsvoll an dem Werk? Es ist ein juristisches Lehrbuch und eine Sammlung des römischen Rechts, die die gesamte Rechtsentwicklung Europas beeinflusst.

Claudius Ptolemäus (gest. nach 161 n. Chr.): Cosmographia, gedruckt 1477.

https://de.wikipedia.org/wiki/Claudius_Ptolem%C3%A4us

Aus heutiger astronomischer Sicht haarsträubender Unsinn, denn bei P. ist die Erde der Mittelpunkt des Universums. Aber vom 2. bis zum 17. Jahrhundert bestimmte dieses Weltbild das astronomische Denken der Menschheit.
Die falschen Angaben von P. über die Ausdehnnung Asiens veranlassten Kolumbus, seine Reise zu unternehmen.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#3 von Sirius , 18.01.2016 19:11

Euklid (um 300 v. Chr.): Elementa Geometrica, gedruckt 1483

http://reader.digitale-sammlungen.de/de/...3949_00015.html

Ältestes mathematisches Lehrbuch der Welt. Heute noch brauchbar.

Thomas von Aquin (1225-1274): Summa Theolegiae, gedruckt 1485

https://de.wikipedia.org/wiki/Summa_theologica

Verschmelzung der aristotelischen Philosophie mit der christlichen Theologie.
Wichtigstes philosophisches Buch des Mittelalters, als Handbuch gedacht.

Galenus (129-199): Opera, gedruckt 1490

http://reader.digitale-sammlungen.de/de/...4009_00005.html

Grundlegendes Buch zur Medizin bis zur Neuzeit. Kern war die Humoralpathologie (das sind keine Witze auf dem Sterbebett), die Lehre von der Mischung der Körpersäfte, die auch die Literatur und das Charakterdrama beeinflusste.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#4 von Sirius , 20.01.2016 19:06

Gaius Plinius Secundus (23-79): Naturalis Historia, Venedig 1496

https://de.wikipedia.org/wiki/Naturalis_historia

Eine Enzyklopädie (37 Bücher) des gesamten Wissens der Antike. Sie zitiert über 400 griechische und römische Quellen. Behandelt wird alles von der Physik über die Landwirtschaft bis zur Literatur, von der Geographie, über die Medizin bis zur Philosophie. Sie wurde zum maßgeblichen Nachschlagewerk des Mittelalters.

Herodot
(485-425): Historiae, gedruckt 1502

https://de.wikipedia.org/wiki/Historien_des_Herodot

Übrigens das einzige erhaltene Werk des Vaters der Geschichtsschreibung.
Schildert die persische Invasion Griechenlands 490-479.

Thomas Moore (1478-1535): Utopia, Leiden 1516

http://www.spiegel.de/spiegelgeschichte/...t-a-936340.html

Fiktive Erzählung von dem kommunistischen Idealstaat Utopia, in dem Mores humanistische Bildungsideale verwirklicht sind. Modell aller weiteren Utopien.
Das Vorbild dafür war übrigens Platons Politeia.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#5 von Sirius , 22.01.2016 11:44

Ich bin kein Anhänger von Martin Luther, der auch ganz unchristliche Sachen gesagt hat, die weniger bekannt ist, aber das Neue Testament, deutsch, 1522 und Das Neue und das Alte Testament, 1534, muss man in einer Aufzählung erwähnen.
Ich persönlich bin der Meinung, dass diese ganze Glaubensdekadenz, die Millionen Menschen das Leben gekostet hat und noch kostet, nur Ausdruck einer unterentwickelten Spezies und ihrer Ungebildetheit sind, ein Komplex, um ihre irdische Endlichkeit mit einem überirdischen Wesen zu kompensieren.

Baldasare Castiglione (1478-1529): Cortegiano, 1528

https://de.wikipedia.org/wiki/Il_Libro_del_Cortegiano

Maßgeblicher Knigge für den idealen Höfling. Prägt den höfischen Verhaltensstil und die aristokratischen Umgangsformen an den Höfen.

Niccolo Machiavelli
(1496-1527): II Principe (Der Fünf), 1532

http://www.zeit.de/2013/03/Machiavelli-P...uerst-500-Jahre

Begründung von der Lehrer der Staatsräson. Politik wird unter wissenschaftlichen-technischen und nicht mehr unter moralischen Gesichtspunkten betrachtet. Verherrlichung des persönlichen Charismas als „Virtú“, als eine Art energetischer Dynamik des Prinzen, kombiniert mit den Eigenschaften des Löwen und des Fuchses, also mit Mut und Gerissenheit.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#6 von Sirius , 27.01.2016 12:28

Jean Calvin (1509-1564): Christianae Religiones Instituio, Basel 1536

Bedeutendstes Lehrwerk der Reformation. Zentral war Calvins augustinische Auffassung von der absoluten Herrschaft Gottes und dem sich daraus ergebenden gegen Widerstandsrecht, wenn die weltlichen Herrscher gegen Gottes Willen verstießen: Sie waren nur die Werkzeuge Gottes. Zugleich erläutert Calvin seine Lehre von der Prädestination (oder vorherbestimmten Gnadenwohl) und den Pflichtenkatalog eines Lebens in Arbeit. Von Calvin ging ein bestimmender Einfluss auf Niederlande, England, Schottland und Amerika aus, und der Calvinismus wurde zur entscheidenden Kraft bei der Entwicklung der demokratischen Freiheitsbewegungen.

Nikolaus Kopernikus (1473-1543): De revolutionibus orbium coelestium libri I/I, 1543

Versetzt dem geozentrischem Weltbild den Todesstoß und erklärt die zu beobachtenden Veränderungen des Himmels damit, dass sich die Erde um die Sonne und um sich selber dreht. Sein Werk wurde 1616 von der Kirche auf den Index verbotener Schriften gesetzt.
Natürlich. Niemand soll annehmen, dass sich das Universum nicht um den Papst dreht.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#7 von Sirius , 01.02.2016 19:30

Index Libronum Prohibitorum, 1559

Liste der verbotenen Bücher, die nach Auffassung des Papstes den Glauben oder die Moral gefährden. Auf den Index gesetzt wurden ketzerische Bücher protestantische Bibeln, alle vom Papst nicht genehmigten Schriften über Liturgie und Dogma, sogenannte unmoralische und obszöne Bücher und schließlich alle ideologisch nicht genehmen Veröffentlichungen.
Der letzte Index wurde 1948-62 herausgegeben und umfasste 6000 Titel. Er galt noch bis 1966.

http://www.pravda-tv.com/2014/12/index-l...vatikans-video/

http://www.wissenbloggt.de/?p=6389

Liste der Autoren, die auf dem Index standen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_...bitorum_standen

„Mein Kampf“ stand nicht auf dem Index. Was für ein Armutszeugnis für diese Welt, dass die größte Mafia der Welt und jahrhundertelang eines der schlimmsten Bordelle den Menschen vorschrieb, was sie zu lesen hatten, und diese das hinnahmen. Vatikan macht übel.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#8 von Sirius , 06.02.2016 20:03

Giorgio Vasari (1511-1574): Die Lebensläufe der hervorragendsten Maler, Bildhauer und Architekten, 1568

https://www.wagenbach.de/buecher/edition-giorgio-vasari.html

Unschätzbare Quelle für unsere Kenntnis der Renaissance, es ist lebhaft geschrieben und voller Anekdoten und das erste Buch, das den Begriff „Renaissance“ verwendet.

Andrea Palladio (1508-1580): Die vier Bücher der Architektur, 1570

http://www.visitpalladio.com/de/node/426...zur-architektur

Lehrbuch, das sich enger als andere an die klassische römische Baukunst anlehnte. Hat vor allem die Landhausarchitektur in England und Amerika (Weißes Haus) beeinflusst und den „palladianischen Stil“ vorbereitet.

Michel de Montaigne
(1533-1592): Les Essays, 1580

https://de.wikipedia.org/wiki/Michel_de_Montaigne

Montaigne kreiert mit diesem Buch den persönlichen Essay, in dem nur ganz subjektiv eingefärbte Gedanken und Erfahrungen artikuliert werden. Ein Monument des Skeptizismus, das starken Einfluss auf die Literatur ausübte.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#9 von Frollein a. , 06.02.2016 20:37

Lieber Sirius,

Weisst du , wie wichtig und einflussreich die Übersetzung Luthers für unsere Sprache war und ist? Das wollt ich nur kurz zu Luther kommentieren - Luther ist nicht Kirche!

Frolleingrüße

Und danke für diese wertvolle Rubrik!

 
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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#10 von Sirius , 06.02.2016 20:48

Zweifellos hast du recht, liebes Frollein a., und Luther stand ja sogar auf den Index der katholischen Kirche, mir ging es in der Kritik auch nur um die inhaltlichen Verfälschungen und Beschönigungen der Bibel.

Und danke!

Sirius


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#11 von Sirius , 09.02.2016 19:38

The Holy Bible oder The authorized Version oder King James Bible, 1611

http://www.welt.de/wissenschaft/article1...ngstmacher.html

Englische Bibel, Ergebnis einer Konferenz von Kirchenmännern, die von James I. Einberufen worden war. „Das einzige literarische Meisterwerk, das von einem Komitee zustande gebracht wurde. Auf jeden Engländer, der Sidney oder Spenser gelesen oder Shakespeare im Globe-Theater gesehen hatte, kamne Hunderte, die die Bibel als das Wort Gottes mit größter Aufmerksamkeit gelesen oder ihr gelauscht hatten. Die Wirkung des unablässigen häuslichen Studiums dieses Buches auf den Charakter, die Einbildungskraft und die Intelligenz der Nation während nahezu dreihundert Jahren war größer als die irgendeiner anderen literarischen Bewegung in unseren Annalen.“ (Trevelyan)


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#12 von Sirius , 23.02.2016 00:07

Francis Bacon (1561-1628) Instauratio Magma (The Advancement of Learning und Novum Organum), 1620

http://www.geist-oder-materie.de/Philoso...acon/bacon.html

Ein umfassender Plan zur methodischen Neubegründung der Naturwissenschaft auf empirischer Grundlage. Er enthält eine Klassifikation aller wissenschaftlichen Disziplinen, das Programm einer neuen wissenschaftlichen Methode und eine Revison der aristotelischen Logik, eine Anleitung für weitere Forschungen, Beispiele für Hypothesen als Forschungsimpulse und weitreichende Forderungen zur Wissenschaftsorganisation. Bacon verabschiedet die gesamte spekulative Tradition und fordert die ausschließliche Orientierung am Experiment.
Der Einfluß Bacons auf die späte Wissenschaft kann nicht überschätzt werden! Die französische Enzyklopädie wird ihm gewidmet, und der Konvent der Französischen Revolution lässt sein Werk auf Staatskosten nachdrucken.


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#13 von Sirius , 29.02.2016 00:13

Galileo Galilei (1564-1642): Dialogo sopra i Due Massimi Sistemi del Mondo, Tolemaico e Copernicano. Gespräch über die beiden wichtigsten Weltsysteme, das Ptolemäische und das Kopernikanische, Florenz 1632.

https://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei

Ein Dialog zwischen einem Radikalen, einem Konservativen und einem Agnostiker, der die neuen astronomischen Entdeckungen aufzählt, das kopernikanische Denken als einfach und schön preist und sich über die Vernageltheit der Ignoranten lustig macht, die ihre alten Systeme verteidigen. Darauf wurde Galilei vor das Inquisitionsgericht nach Rom befohlen und gezwungen, alles zu widerrufen, was er in dem Buch behauptet hatte. Das Buch blieb bis 1828 auf dem Index, und erst 1992 erklärte der Pabst die Verurteilung von Galilei als ungerechtfertigt. Wie gnädig.



Rene Descartes (1596-1650): Discours de la methode, 1637

Grundlegung der Wissenschaften durch Rückführung auf erste Prinzipien: 1. Selbstgewissheit des Bewusstseins (Cogito ergo sum), 2. Fortschritt der Wahrheit vom endlichen Bewusstsein des Menschen zum unendlichen Bewusstsein, 3. Rückführung der Dingwelt auf die Dimensionen des Raumes: Ausdehnung und Bewegung.
Auf diesem Buch baut die moderne Philosophie auf.

http://www.zeno.org/Philosophie/M/Descar...aften+zu+suchen


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#14 von Sirius , 07.03.2016 12:56

Thomas Hobbes (1588-1642): Leviathan, 1651

Staatspolitische Schrift, die den absoluten Staat aus dem Gesellschaftsvertrag erklärt, den die einzelnen zum Schutz voreinander abschließen, indem sie den Staat das Gewaltmonopol übertragen, Zugleich wurden das Gewissen und die Moral zur Privatsache degradiert. Damit reagiert Hobbes auf die Erfahrung des Bürgerkriegs, in der jeder aus einem guten Gewissen heraus die Moral für sich proklamiert und damit den Gegner zum Kriminellen stempelt und den Krieg mörderisch macht. Die Schrift ist bis heute aktuelle geblieben.

http://www.thomas-hobbes.de/deutsch/leviathan.html

Blaise Pascal (1623-1662): Pensées, 1670

Pascal war Anhänger der Jansenisten von Port Royal, die die Verderbtheit der menschlichen Natur und die Gnadenbedürftigkeit des Menschen betonen. Von dieser Position ausgehend, transformierte Pascal den rationalen Skeptizismus gegenüber der Vernunft und gelangte dabei zu Einsichten in den Abgrund der menschlichen Seele.
„Das Herz hat seine Logik, die die Logik nicht kennt.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Les_Pens%C3%A9es


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RE: Bücher, die die Welt verändert haben

#15 von Sirius , 14.03.2016 00:40

Baruch Spinoza (1632-1677): Tractatus Theologico-Politicus, 1670

Plädoyer für einen Staat, der die Gerechtigkeit, die Toleranz und die Rede- und Gedankenfreiheit schützt. Darlegung der natürlichen Rechte des Menschen und Argumentation für die Trennung von Religion und Philosophie. Wegen seiner Lehren war Spinoza, Nachkomme spanischer Juden in Holland, schon vorher aus der jüdischen Gemeinde von Amsterdam ausgeschlossen worden.

http://www.zeno.org/Philosophie/M/Spinoz...sche+Abhandlung


John Bunyan (1628-1688): Pilgrims Progress, 1678

Verbreitetstes Buch des Puritanismus. Als Traumallegorie von der Pilgerreise des Christen durch ein Leben voller Versuchungen und Ablenkungen in kräftiger, zupackend-realistischer Sprache verfasst, ist das Werk durch seine Typengalerie von plastischen Charakteren und durch den unterschwelligen sozialen Radikalismus äußerst populär geworden und wurde in 147 Sprachen übersetzt. Es ist ein Monument der puritanischen Mentalität.

https://de.wikipedia.org/wiki/The_Pilgrim%E2%80%99s_Progress


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