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RE: Gullimumpfen

#1 von Karl Ludwig , 18.12.2018 08:10

Endlich mal ein Wort, bei dem selbst Google verschämt aufgibt und auch keine Alternativen aufzeigt in der Tonart: Meinten Sie Kulilumpen? Somit will ich hiermit ein Fanal setzen, und diesen Begriff unrettbar mit meinem Namen verbinden.

Nun, zu meinerzeit waren Gullimumpfen unter uns Kindern wohl bekannt als Startgeber für: „Die kommen Nachts aus der Kanalisation und fressen das Lit aus den Litfaßsäulen. Kicher.“

Ach, wie harmlos unschuldig lästerten wir über einen evolutionären Sonderfall. Wir wussten es nicht besser und inzwischen gibt es Deutschlandweit ja auch nur noch ca. 50.000 Litfaßsäulen, die meisten davon in Berlin. Die anderen wurden alle aufgefuttert.

Doch die Gullimumpfen gibt es noch immer. Kleine Straßengeister. Beziehungsweise Meistens-unter-den-Straßen-Geister. Misstrauisch beobachtet von den eher gutmütigen Hausgeistern, wenn man mal von dem Geist der Nebenkosten absieht. Der steckt mit ihnen unter einer Decke und lässt sie die Heizungsrohre anbohren. Mit den Resten von der Decke verstopft er gerne die Kanalisation. So ein Schalk aber auch.

Gullimumpfen verstecken den Topf voll Gold am Ende des Regenbogens, zerren an Schuhsohlen und zerreißen Schnürbänder. Sie überreden Hunde dazu, ihr Geschäft mitten auf den Bürgersteig zu verrichten und graben harmlose Wasserlachen tiefer aus.

Aussehen tun sie auch nicht besser. Das mag daran liegen, dass Gulimumpfen Gestaltwandler sind. Oft verkleiden sie sich als Teddybären oder saure Gurken.

Wenn man aber die morphische Fake-Fassade abreißt, würde man eine Kreuzung zwischen Schnabeltier und Grottenolm mit einem guten Schuss Wolpertinger erkennen.

Genug der Einleitung. Ich hebele einen Gullydeckel hoch und begebe mich in die Unterwelt – mein Abfluss ist verstopft. So wie auch meine empörte Nase.

Und tatsächlich. Ein beknackter Teddy hatte während meiner längeren Abwesenheit sein Nest genau in die Einmündung des Zuflusses gebaut und steht nun bedeppert davor (Die Lederhose macht es nicht einfacher).

Als er mich sieht, verwandelt er sich in eine saure Gurke und unterscheidet sich nun kaum noch von den anderen Dingen im Abwasser. Ich zerre sein Zuhause aus der Röhre und schnappe mir die Gurke: „Habt ihr vielleicht einen König, Diktator, Obermufti, Tyrannen? Oder wenigstens ein Parlament, eine Volksvertretung oder wie oder was? Ich will mich beschweren!“

So lerne ich den Kaiser der Gullimumpfen kennen. Und seinen Großwesir! Großwesire sind aus überlieferten Gründen immer hager, haben einen stechenden Blick und einen dünnen Schnurrbart den sie nachdenklich zupfen, während sie ihre finsteren Pläne ausbrüten.

Dieser Großwesir entspricht in jeder Hinsicht den Traditionen – bis auf die Tatsache, dass er aussieht wie ein dunkelbrauner hagerer Teddy mit stechendem Blick und einem dünnen Schnurrbart. Er trägt sogar einen Turban mit eingebauter Spitze. Ich werfe nur einen Blick in seine Richtung und weiß sofort, wer hier die Heizungsrohre anbohren lässt. Wer seine Untergebenen losschickt, die Kanalisation zu verstopfen und den Topf voll Gold am Ende des Regenbogens zu beschlagnahmen. Wer an Schuhsohlen zerren und Schnürbänder zerreißen lässt.

Dieser Kerl also ist dafür verantwortlich, wenn sich Wasserlachen in bodenlose Tümpel verwandeln, oder wenn ich auf Hundekakkapfui ausrutsche.

Und man darf auch ganz getrost davon ausgehen, dass er gerne Kaiser wäre anstelle des Kaisers. Und sowieso nach der Weltherrschaft strebt. Das ist bei Großwesiren völlig natürlich. Ein Speziesreflex.

Der Kaiser aber trägt einen Dichterkranz aus vergoldetem Lorbeer, eine Toga, schwingt eine Schreibfeder über Büttenpapier und hat jenen verträumten Gesichtsausdruck, den einst alle Poeten von sich aus besaßen, bevor der Drogenkonsum modern wurde. Dann hebt er an zu sprechen: „Wie schreibt man 'Xyllophon'? Soll sich auf 'komme schon' reimen.“

„Ich würde auf 'Xyllophon' verzichten und irgend etwas mit 'Tonne Lohn' oder 'Wonnesohn' reimen. Du also bist der Kaiser der Gullimumpfen? Ich hätte da eine Protestnote zu übergeben.“

Schon steht der Großwesir mit fordernd ausgestreckter Hand vor mir: „Seine Majestät wünscht nicht von profanen Regierungsgeschäften gestört zu werden, wenn er schöngeistigt.“

„Äh. Die Protestnote ist mündlich: Hört auf, mir das Leben noch schwerer zu machen, als es sowieso schon ist. Hört auf, mit dem Geist der Nebenkosten zu fraternisieren! Hört auf mit damit die Heizungsrohre anzubohren! Hört auf meine Abflüsse zu verstopfen! Hört auf mir die Schnürbänder zu zerreißen! Und schnappt mir nicht immer den Topf voll Gold am Ende des Regenbogens vor der Nase weg! Was wollt ihr überhaupt mit Gold? … Oh. Dumme Frage. Völlig klar: Den Umsturz finanzieren. Revoltekasse. Bestechungsgelder. Aktienmanipulation. Waffenkäufe. Stimmt's?“

„Vielleicht. Als Verteidigungsausschuss bin ich natürlich der Diskretion verpflichtet. Und du solltest etwas vorsichtiger sein mit deinen Äußerungen. Auch meine Geduld kann sich erschöpfen. Du kannst gehen. Normaler Weise müsste ich … natürlich … , aber wir sind noch nicht so weit. Und wer würde dir schon glauben. Also gehe in Frieden. Deine Einwände wurden zur Kenntnis genommen und ignoriert.“

Ich ging. Aber nicht in Frieden.

(Ich bessere noch ein wenig in On-Time, deswegen diese Ansage da unten.)


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RE: Gullimumpfen

#2 von Jonny , 18.12.2018 11:27

Köstlich, Karle!

Diese Gullimumpfen mache ich auch dafür verantwortlich, dass ich jetzt mit einer Schiene am Fuß darauf warte,
dass mein Knochen heilt und ich in die Sonne fliegen kann.
Die haben mich sicherlich am Hosenbein festgehalten, damit ich auf der Treppe ausrutsche.
Am besten, wir starten eine Sammelklage.

Hast mich wieder gut unterhalten, danke!

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RE: Gullimumpfen

#3 von Karl Ludwig , 18.12.2018 11:38

Natürlich waren das die Gullimumpfen. Jetzt reißen sie einem schon den Boden weg, bzw. reißen einen an den Hosenaufschlägen von ihm runter. Sie streben nach der Weltherrschaft. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes unter uns. Da draußen/unten befindet sich die Wahrheit, doch die Lügen kleben in unseren Köpfen.

Seht Euch bloß vor.

Übr.: Gute Genesung


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RE: Gullimumpfen

#4 von Jonny , 18.12.2018 11:54



Danke Karle!

 
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RE: Gullimumpfen

#5 von Sirius , 18.12.2018 20:46

Ich bin befreundet mit Isnogud, das ist ein irakischer (?) Großwesir, der Kalif werden will anstelle des Kalifen, und ich soll ihm dabei helfen.
Dafür hilft er mir, merzer zu werden als Merz, die Rentenaktie, der deine Steuern klaut, während du in Gullis steckst.
Leider geht bei dem Trottel alles schief, anders als bei dir. Aber ich finde es toll, wenn man in fernen Ländern gemeinsame Bekannte hat.

Diese Gullimumpf-Geschichte ist ein schönes Märchen, ein Kleinod und man sollte sie Kindern zugänglich machen, die sich ihr Märchenherz bewahrt haben.
Ich fand sie wunderschön!

Sirius


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RE: Gullimumpfen

#6 von scrabblix , 18.12.2018 21:20

Herrlich, Karl-Ludwig!

Nur zu gern bin ich dir in die Unterwelt der Gullimumpfen gefolgt!

Liebe Lottegrüße


Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.

 
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Bei den Göttern …
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