Sibylle Bergs neuer Roman: Versmartung und Hirnwichserei
Sibylle Berg hat den Beat: Im Roman "GRM – Brainfuck" reitet sie famos ungebremst ihre herzhaft-zynische Welterklärsprache Freundliche Zukunftsvisionen hat die Belletristik derzeit nicht vorrätig. Schon gar nicht Sibylle Berg. Die deutsch-schweizerische Autorin hat sich ausgemalt, wie es werden wird, wenn es so weitergeht wie bisher. Wenn Europa zerfällt, sich die Armutsspirale weiterdreht, wenn das Bildungssystem vor die Hunde geht und sich das Individuum irgendwann für nichts mehr außer seinem eigenen Smartphone interessiert. GRM heißt dieses Ungetüm von Roman, in dem all das beschrieben steht, ein Buch, das Töne spuckt wie ein wildes Tier.
Ein höllischer Leseritt. Berg zeichnet ein akribisch aufgefächertes Gesellschaftspanorama in einer nahen Zukunft. Sehr nahen Zukunft. Es sind bereits die 2020er-Jahre, für die die Autorin die wesentliche Kehrtwende in der Entwicklung europäischer Gesellschaften veranschlagt. Praktisch übermorgen! Jedenfalls heißt es im Roman mehrfach "nach dem Brexit". Und diese unerhört nahe Zukunft verleiht dem Roman seine Kraft. Hier steht keine ferne Zeit beschrieben, die wir uns belustigt vom Leib halten können, keine schwindelerregende Sciencefiction, sondern eine kommende Welt, in der wir heute mit einem Bein schon fest drinstehen.
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