Als Varoufakis Recht hatte
„Wenn die Chinesen Rügen kaufen ...“: In F. C. Delius' furiosem Roman in Tagebuchform rechnet ein Journalist mit Politik und Wirtschaft ab.
Dieses Buch ist ein Kuriosum. Obwohl „Roman“ genannt, enthält es nur ein fiktives Tagebuch. Doch dieses Diarium eines gleichfalls erfundenen Berliner Wirtschaftsjournalisten spiegelt zwischen dem 30. September 2017 und 10. Juli 2018 die sehr aktuellen realen Nachrichten aus der Finanz- und Wirtschaftspolitik – samt deren kritischer Kommentierung durch den Tagebuchautor.
Was unter dem harmlosen Siegel eines Romans daherkommt, ist so in Wahrheit eine streckenweise furiose Abrechnung mit der deutschen und europäischen Politik nicht nur der letzten zwei, vielmehr der letzten 20 Jahre. Bankenkrise, Atomkrise, Klimawandel, Migrationspolitik, Griechenland- und EU-Krise, Steuerflucht, Investitionsstau, Bildungsmisere, Kanzlerin Merkel als „die Meistüberschätzte“: fast nichts, wozu der Verfasser des Tagebuchs nicht eine scharfe und meistens scharfsinnige Meinung hat.
Friedrich Christian Delius hat sich diese neue Variante der Dokufiction ausgedacht und sie übertitelt „Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich“. Dem namenlos bleibenden Tagebuchschreiber wird in jenem September knallfall als Wirtschaftsredakteur seiner Zeitung gekündigt.
Offenbar ist die Chefetage des ebenfalls namenlosen Blatts den Finanz- und Wirtschaftsmächten hörig und politisch überaus regierungsnah, was auf den Entlassenen notabene nicht zutrifft. Wie es beide Seiten innerredaktionell jahrelang trotzdem miteinander ausgehalten haben, bleibt hier unklar. Doch weil die Trennung zwei Jahre vor dem Renteneintritt für den Betroffenen mit einer Vorruhestandsapanage abgepolstert wird, sucht dieser keinen Rechtsstreit.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/neuer...e/25029692.html
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