Übergriffe im Namen des Vaters
Schriftsteller Josef Haslinger arbeitet in «Mein Fall» seine Kindheit als missbrauchter Sängerknabe auf. Und analysiert, warum er das Erlebte selbst so lange verharmlost hat.
«Mein Fall ist hiermit dokumentiert.» So endet ein Buch, das mit dem Titel «Mein Fall» ankündigt, dass es hier um sehr Persönliches geht – und zugleich um Grundsätzliches. Ein Fall steht immer für viele andere. Josef Haslingers Fall steht für den massenhaften Missbrauch kirchlicher Internatszöglinge durch Priester, für die Vertuschung dieses Missbrauchs durch Kirchenobere und das mühselige Geschäft der Aufarbeitung und Entschädigung.
Josef Haslinger, Jahrgang 1955, ist einer der bekanntesten Schriftsteller Österreichs. Sein Thriller «Opernball» (1995) wurde ein Bestseller und erfolgreich verfilmt; in «Phi Phi Island» (2007) erzählt er, wie seine Familie in den Ferien in Thailand in den Tsunami geriet und knapp überlebte.
Darüber, dass er als Kind, als Zehn- bis Dreizehnjähriger, regelmässig sexuell missbraucht wurde, hat er mehrfach geschrieben, auch fiktional transponiert. 2010, als die Vorfälle am Berliner Canisius-Kolleg bekannt wurden und eine Fülle weiterer Missbrauchsfälle in kirchlichen und weltlichen Institutionen ruchbar wurden, veröffentlichte er in der «Welt» einen Artikel mit der Überschrift «Jetzt bloss keine Hexenjagd» und dem Satz: «Die Pädophilen waren in dieser Sphäre von klösterlicher Gewalt eine Oase der Zärtlichkeit.»
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https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buec.../story/26317270
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