"Der Lichthof" von Hartmut Lange
Unerhört ist hier alles: Der Berliner Schriftsteller Hartmut Lange erzählt in „Der Lichthof“ meisterhafte Geschichten vom Scheitern.
Hartmut Lange ist ein höflicher Erzähler. Er führt die Figuren in den vier Novellen dieses schmalen Bändchens (Diogenes Verlag, Zürich 2020.95 Seiten, 22 €.) zwar zuverlässig in Situationen ohne Auswege, aber niemals führt er sie vor. Eher zieht er sich taktvoll zurück, beobachtet aus der Ferne. Etwa in der Titelgeschichte, „Der Lichthof“.
Sie erzählt von einer Architektin, die mit ihrem Ehemann eine geräumige Altbauwohnung bezieht. Die Wohnung ist schön renoviert, hat Stuck. Nur der heruntergekommene Lichthof stört. Die Ehe scheitert, ganz unspektakulär, eigenartig kalt. Der sowohl von Abscheu als auch von Faszination getragene Sog, den die verlotterte Altbautiefe des Lichthofs hinter dem Badezimmerfenster auf die fragile Protagonistin ausübt, wird am Ende unermesslich: „Die Tür ins Parterre, wo früher einmal der Dienstboteneingang war, hatte man zugemauert. Damit hatte niemand mehr Zugang zum Hof. Es sei denn, er benutzte das Fenster“.
Das klingt beinahe böse. Es verhält sich aber so: Lange reißt seine Geschichten zärtlich an; blickt akkurat auf Einzelheiten, zeichnet die Gedanken seiner Charaktere; wirbt für sie und ihre Entscheidungen. Ihre Geschichten handeln vom Altern, von damit verbundenen Entwicklungen, die allerdings stets in einem schönen Gegensatz zu den scheinbaren Tugenden der Zeit stehen, zu zwanghaft positivem Neuanfang und Selbstoptimierung. Die Enden kommen mit leisem Schrecken.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/neuer...e/25644646.html
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