Der Karren wird seit Jahren vor die Wand gefahren
Die Landesregierung erweckt den Eindruck, das neue Virus sei eine Naturkatastrophe und sorge in Verbindung mit der Unvorsichtigkeit der Menschen dafür, dass das Gesundheitssystem überlastet werde. Das ist eine sehr bequeme Behauptung, die verkennt, dass Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen seit Jahren einem Dauerstress ausgesetzt sind, ohne dass es die Regierung je sonderlich interessiert oder zu einer nationalen Kraftanstrengung motiviert hätte. Allein 30 Prozent der Intensivbetten in norddeutschen Kliniken waren zu Beginn des Jahres gesperrt!, wie es in einem Bericht von panorama 3 heißt, der an eine Recherche aus dem Dezember 2018! anknüpft. Die Situation verschlimmere sich von Jahr zu Jahr. Vor allem Kinderstationen sind betroffen. Einen adäquaten Versorgungsplatz für Schwerstkranke zu finden, werde damit zunehmend zur Glückssache. Das Problem ist damals wie heute immer noch dasselbe. Personalknappheit auf den Stationen. Corona verschärft damit nicht die Lage, wie aktuell ständig behauptet wird, sondern legt gnadenlos das Versagen von Regierungen offen, die sich nur noch mit panischen Lockdowns und Arbeitszeitverlängerungen zu helfen wissen.
Die Landesregierung hat zu Beginn dieser Woche erneut fragwürdige Allgemeinverfügungen erlassen. Über die, die sich mit dem Lockdown befasst, hat der Ministerpräsident den Landtag ausführlich unterrichtet. „Ich stehe mit großem Ernst und in tiefer Sorge vor Ihnen“, so Stephan Weil. Doch ist das glaubwürdig? Man muss daran zweifeln, angesichts der bekannten Personalengpässe, die es in norddeutschen Krankenhäusern schon seit langem gibt und die sich immer weiter verschlimmern. Dennoch fehlt es an Initiativen, die etwas dagegen unternehmen. Nach der ersten Corona-Welle in diesem Jahr gab es einen lächerlichen Streit um die Finanzierung eines Pflegebonus, bei dem noch kleinlich zwischen Alten- und Krankenpflege unterschieden wurde. Ansonsten waren die Haushälter der Großen Koalition schon mit der Frage beschäftigt, wie sie die Corona-Schulden möglichst schnell wieder abtragen können und welche Prioritäten es künftig in der Ausgabenpolitik geben solle. Prioritätensetzung ist übrigens eine infame Umschreibung für Sparpolitik. Umsonst gibt es dagegen wieder den Applaus.
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