Habecks schmutziger Deal
Wirtschaftsminister lässt Beschäftigte von MV-Werften im Stich. US-Gasimporte als Voraussetzung für Weiterbetrieb. Drohung gegen Moskau
Am Montag wehte ein laues Lüftchen an der Küste. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) war nach Wismar gereist, um den Arbeitern der insolventen MV-Werften seiner Solidarität zu versichern. Habeck übte sich in Ausflüchten: »Bund und Land können unterstützen, aber es wird nur gehen, wenn auch Unternehmen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen«, sagte der Minister dem NDR.
Im Dock in Wismar liegt die »Global I«, die mit 9.500 Passagieren eines der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt werden sollte. Doch in der Coronapandemie brach der Tourismus ein, und der Konzerneigner, das Unternehmen Genting aus Hongkong, kam in Finanzierungsnot. Für den Fertigbau des Kreuzfahrtriesen fehlen noch rund 600 Millionen Euro. Etwa 1.900 Beschäftigte drohen in die Erwerbslosigkeit zu fallen.
Auch eine Umstrukturierung der Werften zum Bau von Umspannplattformen, die zur Gewinnung von Windenergie benötigt werden, ist auf kurze Sicht nicht möglich. Insolvenzverwalter Christoph Morgen hatte am Freitag erklärt, es gebe zwar großes Interesse, künftig Offshoreplattformen zu produzieren, allerdings sei mit einem Baubeginn frühestens Ende 2023 zu rechnen.
Die Gewerkschaft fordert deshalb Überbrückungshilfen. Der Eigner, aber auch der Bund und Banken stünden hier in der Verantwortung, sagte ein Sprecher der IG Metall Küste am Montag zu jW. Habeck hat die Gründung einer Transfergesellschaft zugesagt, die für vier Monate die Geschäfte weiterführen und den Beschäftigten bis zu 80 Prozent des bisherigen Gehalts auszahlen soll. Der Betriebsrat fordert eine Laufzeit von einem Jahr, um die Umstrukturierung der Werften voranbringen zu können.
Habeck hat anderes im Sinn. Er wolle den Schiffbau in Deutschland zwar stärken, dazu sei aber eine »Antriebswende« nötig. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Schiffe statt mit Diesel künftig mit Flüssiggas (Liquified Natural Gas, LNG) betankt werden. Habeck dient das Vorhaben dazu, sich lieb Kind mit Washington zu machen. Er will den Bau von Terminals vorantreiben, damit die US-Schiefergasindustrie ihr teures und klimaschädliches Produkt nach Deutschland liefern kann.
Zudem zielt der Wirtschaftsminister ab auf eine größere Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Es sei ein inakzeptabler Zustand, »dass Deutschland, die Bundesregierung, die öffentliche Hand überhaupt keine Möglichkeiten hat, die Versorgungssicherheit im Gasbereich zu gewährleisten«, sagte er am Montag. Eine Genehmigung der Ostseepipeline Nord Stream 2 müsse im Lichte der geopolitischen Verwerfungen betrachtet werden. Im Kriegsfall werde es Sanktionen geben, die nichts ausschlössen.
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