Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter
"Lügen über meine Mutter": Kluger Roman über subtile Gewalt
Daniela Dröscher lässt in ihrem autobiografisch geprägten Roman eine Tochter sprechen, die ihrer Mutter zu Lebzeiten ein liebevolles, zärtliches Denkmal setzt.
Gleich bei ihren ersten Veröffentlichungen hat die 1977 geborene Schriftstellerin Daniela Dröscher sehr gute Kritiken, Stipendien, Lob und Literaturpreise bekommen. Ihr neuester, in diesem Herbst erschienener Roman "Lügen über meiner Mutter" hat ebenfalls sofort ein großes Echo in den Feuilletons ausgelöst und steht auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.
Die erstaunliche Lehre an alle Mütter von Töchtern, die dieser Roman vermittelt, müsste lauten: Nimm Deine Tochter zur Seite und flüstere ihr nachdrücklich immer wieder ins Ohr: Du bist etwas Besonderes, wunderschön so wie Du bist, talentiert, stark und klug. Aber es werden Männer kommen, die Dir genau das Gegenteil einreden wollen. Sie werden Dir mehr oder weniger subtil suggerieren, dass irgendetwas an Dir nicht genug oder zu viel ist. Zu dünn oder zu dick, zu seltsam oder sonst irgendein "zu". Lass Dir das nicht einreden! Männer tun das, um ihr eigenes Selbstwertgefühl zu stärken, ihr Mütchen an Dir zu kühlen. Lass Dich nicht von ihnen klein machen!
Es ist geradezu ein Symptom des Umgangs in modernen Gesellschaften zwischen Mann und Frau. Daniela Dröscher hat es geschafft, das systematische Kleinmachen einer Frau durch ihren Mann als eine Art Musterbeispiel zu beschreiben. Die Mutter eines Mädchens namens Ela wird von ihrem Ehemann unentwegt für ihre Körperlichkeit kritisiert. Ela ist dem Dauersound der Streitigkeiten zwischen den Eltern ausgesetzt.
Ich verstand einfach nicht, was an meiner Mutter "dick" sein sollte. Hier am Strand gab es Frauen, die garantiert viel mehr wogen, und vor allem gab es Männer, die ganz selbstverständlich ihre enormen Bäuche vor sich her trugen.
Der Vater von Ela macht seine Frau für alles verantwortlich, was in seinem eigenen Leben schiefläuft. Auch die Tatsache, dass er an seinem Arbeitsplatz nicht die erhoffte Karriere machen kann, liegt aus seiner Sicht an der nicht vorzeigbaren Gattin. Er beschimpft sie, fordert immer drastischer, dass sie abnehmen soll, und auf dem Gipfel der ehelichen Auseinandersetzungen schafft er eine Waage an, um das Gewicht seiner Frau in demütigender Weise zu kontrollieren.
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