Delphine de Vigan: Die Kinder der Könige
Die französische Autorin Delphine de Vigan greift in ihren Werken Themen wie Magersucht oder Suizid auf. In ihrem neuen Roman "Die Kinder der Könige" geht es um Kinder, deren Leben auf Social Media-Kanälen geteilt wird.
Als sie 17 Jahre alt war, wollte Mélanie in einer Fernsehshow mitmachen, die damals ein Millionenpublikum erreichte. Sie wurde zu einem Casting eingeladen, posierte leicht bekleidet - und aus dubiosen Gründen kam sie in die nächste Runde der Sendung "Loft Story". Ihr wurde prophezeit, dass es für sie ein "Vorher und ein Nachher" geben könnte. Schon einige Jahre später würden die Kultmomente dieser Show auf YouTube abrufbar sein.
Der allererste Kommentar eines Internetnutzers zu einem dieser Videos klang wie ein Orakel: "Die Epoche, in der die Tore zur Hölle aufgetan wurden."
Der Erfolg von Mélanie in jener Show war damals nicht groß. Aber 18 Jahre später hat sie begriffen, wie man berühmt und reich werden kann: Sie hat inzwischen zwei Kinder, deren Leben sie filmt. Diese kleinen Videos stellt sie ins Internet. Sie hat unglaublich viele Follower und bekommt sehr viel Geld für Werbeblöcke. Dann verschwindet ihre Tochter Kimmy spurlos und die Kriminalpolizei nimmt Ermittlungen auf. Kommissarin Clara entdeckt diese Parallelwelt:
"Es ist eine Welt, deren Existenz unsere Vorstellungskraft übersteigt." Dieses sechs Jahre alte Mädchen war in der Welt verschwunden, in der echten Welt, deren Gefahren Clara ungefähr einzuschätzen vermochte. Doch Kimmy Diore war in einer Parallelwelt aufgewachsen, einer ganz und gar künstlichen Welt, einer virtuellen Welt, die sie, Clara, nicht kannte. Diese Welt gehorchte Regeln, über die sie nicht das Geringste wusste.
Was alles in dieser künstlichen Parallelwelt im Internet stattfindet, lernen diejenigen, die wenig oder nichts darüber wissen, bei Delphine de Vigan innerhalb dieses Romans schnell bis zum abgrundtiefen Gruseln. Diejenigen, die es schon wussten, bekommen einen brutal ausgeleuchteten Spiegel vorgehalten. De Vigan zeigt die Mechanismen und Gefahren an kleinen, zunächst ganz unauffällig wirkenden Episoden und Beobachtungen. Das ist mit messerscharfem Verstand geschrieben. Wir leben wohl wie Frösche im warmen Wasser mit der immerwährenden Teilhabe am Weltwissen und Informationen und merken nicht, dass das Wasser sich mehr und mehr erhitzt, bis wir irgendwie darin gekocht werden.
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https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Del...r,vigan102.html
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