Klassenkampf im Hospital: Kommt ein Ökonom ins Krankenhaus
Wer ein paar Tage im Krankenhausbett verbringen muss, erfährt die Auswirkungen der Sparpolitik am eigenen Leib. Ökonom Maurice Höfgen über seinen Klinikaufenthalt, überarbeitete Pflegekräfte und Politikdiskussionen mit seinem Bettnachbarn
Warteschlange in der Notaufnahme, Mittwochmorgen, um viertel vor sieben. Ein Schuljunge ist auf die Hand gefallen; ein Opa hält seine Rückenschmerzen nicht aus; daneben ich, mit 38 Grad Fieber und einer Schürfwunde am Knie, die sich nach einer Woche entzündet hat und von der aus ein zehn Zentimeter langer roter Streifen entlang des Lymphkanals abgeht.
Das Wartezimmer ist improvisiert, weil gerade umgebaut wird. An uns Notfällen rauschen nicht nur weiße Kittel, sondern auch Monteure im Blaumann vorbei. Gut, dass investiert wird, denke ich. Das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung beziffert den Investitionsstau allein in nordrhein-westfälischen Krankenhäusern – wo ich mich befinde – auf 13,8 Milliarden Euro.
Dann nimmt mich eine Pflegekraft auf. Sie regelt den Papierkram, schreibt einen Notfallbericht, nimmt mir Blut ab, misst Puls, Körpertemperatur und so weiter. Danach erstmal wieder ins Wartezimmer. Mittlerweile sitzen dort zwei neue Notfälle. Als die Ärztin mich hineinholt, muss ich alles von vorne erklären, auch sie schreibt wieder einen Notfallbericht. Die Wunde sieht nicht gut aus. Lymphangitis, so die Diagnose. Sie macht ein Foto, damit der Oberarzt in der Besprechung entscheiden kann, ob ich bleiben muss. In der Zwischenzeit muss ich zum Röntgen, falls auch Knochen betroffen sein sollten.
Tatsächlich werde ich bleiben. Mit einer solchen Entzündung sei nicht zu spaßen. Ob ich privatversichert sei, werde ich gefragt. Nein. Eine Zusatzversicherung habe ich aber, fällt mir dann ein, sogar für ein Einbettzimmer. Die bringt aber nichts, denn: Die „Komfortstation“ ist komplett voll. Freie Betten gibt es nur auf Station 1, die aber sei neu gemacht. In Ordnung, sage ich, Hauptsache mir wird schnell geholfen. Bis ich auf das Zweibettzimmer mit frisch gestrichenen Wänden und modernem Flachbildfernseher darf, muss ich allerdings noch drei Stunden warten. Von der Aufnahme bis zum Antibiose-Tropf sind fünf Stunden vergangen. Ganz schön lange dafür, dass die Entzündung so weit fortgeschritten war.
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