Katja Riemann: Nebel und Feuer
Katja Riemanns Romandebüt "Nebel und Feuer" ist eine bewegende und sensible Geschichte vom Verschwinden. Eine Parabel auf unsere Zeit und eine Vision von Freundschaft und Solidarität.
von Peter Helling
Das Leben ist kurz, Leute, keine Zeit für so viel Grimm.
Das ist der letzte Satz in diesem Buch, in den Danksagungen, "Merci" überschrieben. Ein Appell, der nicht Teil des Romans ist und doch Teil einer literarischen Reise, auf die uns Katja Riemann mitnimmt. Eine Reise hinaus aus dem Nebel von Grimm und Wut.
Menschen verschwinden hinter Türen. Oder in Kellern. Sie verschwinden in staatlichen oder privaten Gefängnissen. Unterirdischen Gefängnissen. Im Nebel oder schwarzen Löchern. Im Laufe der Zeit können sie aus unseren Leben und Beziehungen verschwinden, aus unserem Gefühl oder der Erinnerung.
Dieser Staccato-Ton zieht sich durch den Roman. Auch Johaenne will am Anfang verschwinden. Sie ist Sängerin der Band The girl in the other room - und: verzweifelt. Sie steht nackt auf dem Sims ihres Fensters im fünften Stock und will sich hinabstürzen. Der Grund: Ihr Freund hat sie verlassen, ihr Lebens- und Seelengefährte. Der "Mann", so wird er das ganze Buch genannt, wie ein Prototyp, eine Schablone, die langsam verblasst. Johaenne will sterben und spricht mit dem Mond - und das wirkt kein bisschen kitschig:
"Du bist wütend." "Keine Ahnung, ich weiß gerade nicht mal, ob ich noch bin. Vielleicht bin ich ja schon runtergefallen." "Bist du nicht." "Woher weißt du das." "Ich kann sehen. Schlecht, aber immerhin."
Und dann wird sie von einer alten Frau aus der Nachbarschaft gesehen, unten von der Straße: Glück gehabt, Johaenne entscheidet sich um. Am nächsten Morgen ist ihr Körper blutig verschrammt, sie hat eine Blasenentzündung - überhaupt ist der Roman sehr körperlich -, und ihr Leben geht weiter.
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https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Deb...riemann160.html
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