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RE: Aus meinem langweiligen Leben Teil: IIV - III

#1 von Karl Ludwig , 01.11.2016 12:11

„Ohrenschmalz absaugen lassen ist doof.“

„Na und? Bloß und doch, nebst indes aber: Wo bleibt da das Positive?“

„Oh, Tschulligung: Ich kann Dich nun besser hören, obwohl schriftlich? Das hochfrequente Fiepen ist mir nach wie vor treu, in einer Zeit, wo man über Begriffe wie Treue nur noch Witze macht? Das Trommelfell sieht fast, aber wirklich nur fast, völlig normal aus?“

Die HNO-Ärztin meinte, das innerkopfliche Unwohlbehagen käme vermutlich von den Mandeln, die ich gar nicht mehr habe. Denn diese wären für die Infektionsabwehr von Bedeutung, was sich aber in den 1950'er Jahren noch nicht rumgesprochen hätte und gegen das andere Problem, diesen Tinitus, gäbe es drei wirksame Therapien: Verdrängen, verdrängen, verdrängen. Einfach nicht hinhören. Oder wenn doch, dann aber richtig und mit Imagination in Melodien zu verwandeln. Das müsste mir als Musiker doch leicht fallen. Bei ihr jedenfalls würde es funktionieren.

„Woher wissen Sie, dass ich etwas mit Musik zu tun habe?“

„Nun, linke Hand ganz kurze Fingernägel, nicht geknabbert, sondern gepflegt, rechte Hand aber normal geschnittene, auch gepflegt. Außerdem kenne ich sie vom Musikladen her, wo sie öfter mit dem Besitzer und ihrem 'Anwalt für das Subproletariat', wie sie ihn nannten, zusammensaßen und bisweilen ganz ordentliche Musik zustande brachten. Und ich habe gesungen. Erinnern sie sich nicht mehr? Summertime? Oder im Duett mit Helmut: Summerwine? Sie haben das Klavier gehalten.“

Kleines Zwischenspiel: Vielleicht sollte ich mir mal beibringen mit zehn Fingern zu tippen? Müsste doch ganz einfach sein. Ein Schema aus dem Net saugen, welche Finger für welche Buchstaben zuständig sind, Licht aus, und nur noch auf den Bildschirm blicken. Da würde man doch aus lauter Frust ziemlich schnell perfekt, oder? In Denkgeschwindigkeit schreiben, oder wenigstens im Sprechtempo? Muss ich gleich mal antesten. Klavier spiele ich ja auch ohne hinzugucken. Neurale Neukonditionierung nennt man das wohl.

Uuuuiiiii. Das ist ja echt übel. Probiert es mal selber aus.

Hurrah! Ich habe nun endlich ein neues Ziel, 'Ikigai', wie der Japaner sagen würde, einen Grund Morgens aufzustehen: 'Zehnfingergymnastik'! Und dann werde ich Euch das Forum mit Berichten aus meinem langweiligen Leben zupflastern.

Der Ein- oder -selbe Leser könnte ja annehmen, ich hätte was von Erna im Sandkasten in mir. „Da, guckt ma alle, hab Kuchen macht, toll nech?“ Irgendwie beeindruckend uninteressant.

Auch das mag so sein, doch ich lerne immerhin viele interessante Menschen kennen.

Die HNO-Ärztin z.B., obwohl, … die kannte ich ja schon, wie ich erfuhr. Schätzungsweise so um die 60 Jahre alt, schlank, mittelgroß. Eine Profitante, die schon schlimmere Ohren sah als meine.

Ich bin ein Schisser! Ich haute mir ganz viel Ottitex (Schmalzlöser) in das Ohr, prokelte zwei Tage lang mit Finger, Streichholz, und warmen Wasser herum und ging dann endlich zu dieser Fachfrau, welche sich mein Leid aufmerksam anhörte, mir versprach, auch ganz bestimmt kein Aua zu verursachen, sich das Ohr ansah und etwas von ziemlich gereizt murmelte. Ich kam ihrer Frage zuvor: „Ja Madam, ich Idiot habe geprokelt, in der Hoffnung, mir einen Besuch bei Ihnen zu ersparen.“

„Na, dann wollen wir mal anfangen.“

„Aber nur das eine Ohr. Das andere dann nächste Woche. Nur ein Ohr auf einmal.“

Sie drehte den Patientensitz, um sich das Innenleben von dem gesunden Ohr anzusehen. Ich war nicht in der Lage zu protestieren, es wäre mir unhöflich vorgekommen. Sie murmelte etwas von 'Auch zugepfropft'. „Halten Sie mal still. Ich fange mit diesem Ohr an.“ „Aber das tut doch gar nicht weh.“ „Ich brauche es aber zum Vergleich mit dem anderen … und nun bitte nicht mehr zappeln …, bitte die Haare hinter das Ohr …, es wird jetzt ein wenig rauschen, … hören sie, … und … nun … gut …, und noch da, … sehr gut … Moment … ja, alles klar. Blicken sie mal in die Schale.“

Das kranke Ohr erbrachte eine noch größere Ausbeute. Und es hat auch gar nicht Weh geauert.

Fehlte nur noch, dass sie mir ein Bonbon schenkt und mit einem Klaps auf den Pöter verabschiedet.


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RE: Aus meinem langweiligen Leben Teil: IIV - III

#2 von Sirius , 02.11.2016 19:49

Ich hab mir mal die Ohren auspumpen lassen, das war nicht angenehm, trotz gepflegter Fingernägel, davon könnte ich dir ein Gedicht schreiben, aber das machst du ja auch selbst.
Manchmal kommt es mir so vor, als wärest du auf Brautschau, so dezent lässt du deine markanten Fähigkeiten in deine Texte einfließen. Langsames Anfüttern, sagen wir Angler, und wir Angler sind auf dem Kiwief.
Davon mal abgesehn liebe ich deine amüsanten Geschichten.

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RE: Aus meinem langweiligen Leben Teil: IIV - III

#3 von scrabblix , 02.11.2016 22:06

Also, ein Bonbon hätte für soviel Heldenmut doch mindesten drin sein müssen, Karl-Ludwig!

Liebe Lottegrüße


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RE: Aus meinem langweiligen Leben Teil: IIV - III

#4 von Karl Ludwig , 03.11.2016 08:21

Lese ich da eine klitzekleine Kritik an meinem Egoismus heraus? Aber das ist doch ein alter Hut. Ich weiß selber, dass ich egozentrischer bin als ein Brummkreisel.

Fakt ist, dass ich in meinen Geschichten manchmal mehrere Situationen, Orte, Zeiten und Leute zusammenfasse. Bei Unterhaltungen verzichte ich ja auch auf Eins-Zu-Eins-Niederschrift: Mit so viel Gestammel in konkreten Gesprächssituationen würde sich das nämlich auch wirklich seltsam lesen.

Aber die Geschichten sind WAHR! All das passiert mir, mehr oder weniger, häufig mehr, und dass mein Fokus eher auf den Momenten liegt, in denen ich halbwegs günstig bei weg komme, ist doch selbstverständlich.

In dem Eingangstext ist der Hintergrund wie folgt: Ich war bei einer HNO-Ärztin, welche mir von früher her bekannt vorkam. Die war auch wirklich recht dezidiert. Die Fingernägel bemerkte ein türkischer Manager, die fehlenden Mandeln diagnostizierte mein Hausarzt, deren Funktion für die Imunabwehr hatte ich selber parat, und die Sängerin traf ich Letztens bei Aldi.

Ich halte das für absolut legitim, weil es die Funktion eines Dichters ist, zu verdichten. Es schärft die Wahrheit, sie wird dadurch ... wahrer?

Und außerdem hatte ich schon vor Jahrzehnten behauptet, dass ein Synonym für 'Schreiben' möglicher Weise 'Triebsublimierung' lautet, und Poetik unter anderem eine Balztechnik sei, so wie wohl jede Kunst auch der Minne dient, und Felsmalerei nun mal gute Gelegenheiten bot, das Objekt der Begierde diskret bei Seite zu nehmen: Willst du mal mitkommen, ich möchte die etwas Hübsches zeigen. Kicher.

Guck mal, ich habe eine Skulptur von dir erschaffen. (Venus von Willendorf)

Oh, bin ich echt so mager?

Mein Motiv als Musiker war jedenfalls die berechtigte Hoffnung, mir damit den Titel des Tollsten hier im Saal, oder dort am Lagerfeuer zu sichern und damit verdienter Maßen die Allererste-Sahne-Tante zu beeindrucken. Der Lambrusco half auch dabei. Ach ... schöne Zeiten gewesen - fast so toll wie die Erinnerungen daran, denn lt. diesen waren sie sogar noch ganz viel toller.

Doch inzwischen atme ich immer öfters den wahren Geist des geschriebenen Wortes: Mädels, ich denke zwar noch häufig mit dem Schwanz, aber bloß aus lauter Gewohnheit.

Übrigens habe ich NICHT die Nerven gehabt, meine Zehn-Finger-Tippen-Lern-Methode konsequent durchzuziehen.


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RE: Aus meinem langweiligen Leben Teil: IIV - III

#5 von Sirius , 03.11.2016 20:24

Nein, keine Kritik, Karl-Ludwig, wo denkst du hin, es war bestenfalls eine amüsante Anfrage von mir.
Außerdem gefällt mir deine Balztechnik, wenn du gekonnt durch die Zeilen tänzelst, du musst doch auch im Training bleiben.

Sirius


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