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RE: Deutsch sein

#1 von Sirius , 20.08.2018 20:35

Deutsch sein


Was meinen Zynismus so erheitert und bewundert an den Deutschen, das ist die Fähigkeit zur Organisation und die Ausübung des geistigen Beamtentums.
Eigentlich müsste jede Gruppe ab drei Leuten, die irgendwo gewollt oder zufällig zusammentrifft, einen Fürsprecher haben, natürlich mit Stellvertreter, Kassenwart und Schriftführer. Das sind zwar vier Leute, aber das ist ja die Kunst, die gesammelte Dämlichkeit auf alle gerecht zu verteilen.

Es kann doch nicht sein, dass man im Wartezimmer eines Arztes so stumm und unorganisiert herumsitzt. Oder die rechtschaffenden Leute, die sich jeden Mittwoch am Stammtisch treffen, um mit ihrem Alkoholpegel das Flüchtlingsproblem zu lösen, die genervten Reisenden in einem Zugabteil, der Trauerzug auf dem Friedhof, die Schlange an der Kasse, die Erwachenden auf der Intensivstation und Milliarden anderer Zusammenkünfte können doch nicht so einfach ohne Satzung bleiben.

Selbst jene, die sich nur für Sekunden ganz zufällig an der roten Ampel treffen, um die Straße zu überqueren, falls ihr IQ das zulässt, können das doch nicht so wild und ohne „Straßenüberquerungsordnung“ machen, wo kommen wir denn da hin? Ja, wohin wohl: Zu unseren deutschen Werten natürlich!
Selbst die größte, jeden Einzeller beleidigende, unfähige Versammlung Vollidioten benötigt noch eine Wahl, um den Oberidiot zu ermitteln, sonst wird die vollendete Blödheit gesellschaftlich nicht anerkannt. Von mir allerdings schon, ich finde mich dann besser zurecht.

Immer, wenn eine Gruppe Menschen, aus welchen Grund auch immer, schweigend zusammentrifft, muss es einen geben, der mit seinem großen Maul den Kopf der Truppe mimt – und den Arsch auch.
Jemand, der Verantwortung übernimmt und im Ernstfall weiß, wie man sich unerkannt verpisst, einen Obmann, einen Sprecher, einen Führer, einen Vorsitzenden, ein Arsch eben, der sich zu präsentieren weiß. Und diese Leute haben oft ihre Fans und Anhänger, aber auch ihre Konkurrenz, wie jeder Klassensprecher weiß.

Denn ist es nicht ein Zeichen gesellschaftlicher Anerkennung, wenn man im Taubenzüchterverband e. V. in Fuckhausen zweiter Vorsitzender vom zweiten Stellvertreter des Vorsitzendes ist, mit Mitgliedsausweis und Briefkopf auf handgeschöpften Briefpapier?
Und macht es denn nicht was her, wenn man als erster einer Gruppe, die wegen völliger Trunkenheit aus der Kneipe direkt in die Gosse geworfen wurde, erwacht, den Finger hebt und lallt: „Ich bin hier der Chef!“?

Meine ich doch auch.

Sirius


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Friedrich Merz, der Hengst
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