Alle Leben sind schwierig
Porträt des Kritikers als junger Mann: Dirk Knipphals’ literarisches Debüt „Der Wellenreiter“ ist ein klug erzählter Generations- und Künstlerroman.
Von solchen Schülern können Deutschlehrer nur träumen: ein 15-Jähriger, der Max Frisch und Uwe Johnson liest, sich zum Geburtstag nichts sehnlicher wünscht als Kindlers 25-bändiges Literaturlexikon und der sich dann, man reibt sich die Augen, beim Buchhändler auch noch eine Robert-Musil-Gesamtausgabe bestellt. Wäre Dirk Knipphals’ Roman im Jahr 2018 angesiedelt, man würde über solch einen Protagonisten nur ungläubig lachen. Aber „Der Wellenreiter“ spielt 1980, und selbst in dieser Zeit ist ein literaturbesessener Pubertierender wie Albert Schwingenholtz, dessen Schubladen schon voll von ersten eigenen Schreibversuchen sind, für seine Mitschüler ein rechter Freak.
Nicht dass Albert keine Freunde hätte; dazu ist der Lehrersohn wiederum doch zu normal. Zu seinem Bedauern markieren weder eine Narbe noch feuerrotes Haar für jeden sichtbar seinen Status als Außenseiter, der für Höheres vorgesehen ist. Von Letzterem ist Albert, trotz des alterstypischen Schwankens zwischen Unsicherheit, Selbstzweifel und Größenfantasien, durchaus überzeugt. In einer großartigen Szene schafft er sogar schon einmal Platz im väterlichen Bücherregal, eine „Lücke“ zwischen Schnitzler und Shakespeare.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/roman...g/23072310.html
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