Wir achten hier auf den Datenschutz. Insbesondere auf die Privatsphäre unserer Mitglieder.
Wer sich nur anmeldet, um am "Küchentisch" mitzulesen oder nur Mitgliederlisten einsehen will, wer nur Spam posten möchte und nicht auf meine PNs reagiert, den lösche ich wieder.
Tacheles » Foren Suche nach Inhalten von Angelika
Durchsuchen Sie alle Bereiche des Forums
Du hast nachgedacht, was Glück sein könnte; vielleicht, sagst du dir, teilt uns Sterblichen da oben jemand die Ration Glück ein - nur so, aus Langeweile
Glück ist, wenn das TV heut Sonne verspricht, wenn du morgens erwachst und es regnet tatsächlich nicht, die schirmfreien Tage sind Glück perfekt
Glück auch, wenn du zur Straßenbahn rennst und du kriegst sie noch im letzten Moment, und dann fährt sie ab und du bist drin, sogar mit Sitzplatz
Ja, manchmal, da denkst du dir, es müsste noch etwas geben, was mehr ist als ohne Unglück zu sein, und dann kommst du nicht drauf
Celan. Er suchte das Wort, das eine, das nicht existiert, nie gesprochen, nie geschrieben. Die Chance, es zu finden, gering wie Mondstaub.
Schreiben. Vom Leid der Millionen, von Tod und schwarzer Milch, von der Rose, vom Lächeln. Fruchtlos die Suche. Das Wort, das eine, entzog sich ihm.
Nächte, schlaflos. Am Ende die Kapitulation vor dem Wort, dem einzigen. Es hätte die Schläfer wecken können. Was noch blieb? Wer sah den Sprung vom Pont Mirabeau?
Jede Abtrünnigkeit vom Realismus im historischen Sinne des Wortes ist ein Verrat am Gang der Geschichte, aber gerade deshalb hat der Realismus seinen Ort nicht außerhalb der Geschichte, der Realismus ist der einer gegebenen Epoche der Gesellschaft.
Gefunden bei Aragon, dem bekannten französischen Schriftsteller.
Mich stört, seit ich schreibe, und das ist ziemlich lange her, das Wolkenkuckucksheim in so manch einem Gedicht. Als lebten die Menschen nicht zu dieser Zeit, nicht in diesem Land und wären sozusagen Stereotype des Menschen, nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Holz, angelehnt an die reaktionäre Haltung eines Gottfried Benn, der das apolitische, "reine" Gedicht beschwor. Was aber kann ein Gedicht bringen, wenn es sozusagen von Menschen spricht, die nicht Teil dieser Gesellschaft sind, sondern in einem gesellschaftlichen Vakuum leben und lediglich Individuum sind und nichts sonst?
In diesen Tagen, randvoll das Herz, die alten Fragen, was wird sein. Vorm Fenster die Vögel, die Brut in den Nestern, nichts wissen sie von Endlichkeit.
Noch schläft der Tag. Es hätte das Herz sein können, so ist es die Niere nur. Man kann, sagt die Ärztin, auch mit einer Niere noch leben.
Leben, auch mit der Angst. Was wird sein, was wird sein? Die Bücher stehen in Reihe. Wird sie jemand noch lesen? Menschliches, ins Wort gepresst.
Manchmal ein Auto. Wären die Vögel nicht, Stille nur, Stille bis zur Gehörlosigkeit. Und drüben, hinter den Fenstern, schon Licht.
Zu selten ist man nah dem andren Ich, wünscht sich, es dürfte öfter mal geschehen. Man sieht als Fremder sich vorm Spiegel stehen, von der Frisur mal tunlichst abgesehen, gibt sich die Schuld zumeist sehr grundsätzlich.
Man wollte doch! Verändern sich und Welt. Wie kam es nur, dass man so abgewichen, da hat sich doch was eingeschlichen, die hohen Ziele sind partout verblichen, jetzt dreht sich alles nur ums liebe Geld.
Man ärgert sich und spuckt aufs Spiegelbild, wünscht sich, sein Ego endlich zu bezwingen, vorbei die Kumpanei mit Widerlingen! Herrgott, ab morgen muss es doch gelingen! Doch erst mal ist der größte Wunsch gestillt.
Der Morgen grinst uns zynisch-weise an, man sieht die halbe Welt schlicht rosenfarben. Und passt sich an. Die Seele wird vernarben, das Alter ego muss ab heute darben. Nu ja, denkt man, ein jeder, wie er kann.
Was Bittres spürst du heut in deinem Mund. Du schluckst. Das Bittere will nicht vergehen. Wie Trauer ist es plötzlich, ohne Grund - es scheint, dass alle Sorgen Schlange stehen.
Du suchst und ahnst es nicht, worum es geht, und spürst die wohlbekannte Seelenleere. Da kreist doch was in dir – wie ein Komet, wie wenn dein Körper nicht mehr deiner wäre.
Weißt nicht, was vorgeht heute da in dir. Sagst dir beherzt, das kann schon mal passieren. Du raffst dich auf zu alter Lebensgier - man muss sich mit dem Teufel arrangieren.
Und doch, der kleine Rest von Bitterkeit. Du ahnst, der bleibt: Dein Ich gibt dir Bescheid.
Die Gräser des vergangenen Sommers könnte ich beneiden, die kahlen Winterbäume, das frierende Herz, den Schmerz des Leibes und die Wolken, die sich über den Häusern zu Sturzbächen öffnen.
Sie alle wissen, warum. Die mich sehen könnten, sind gestorben. Die tun, als ob sie noch lebten, wollen mich nicht sehen. Sie schlürfen das Wasser des Wegsehens, so geschieht es nicht.
So bin ich von mir und von der Welt getrennt, ich könnte sterben, was würde sich ändern? So bleibt alles in ihrer Ordnung, die kalten Tage enden nicht am Abend, und die Blinden finden nicht heim.
Aus aktuellem Anlass: Berlins Dächer waren heute weiß - das erste Mal in diesem Winter
Vielleicht stehst du wie ich im kalten Zimmer und blickst hinaus auf deine weiße Straße, du schließt erstaunt die Augen vorm Geflimmer - die ganze Stadt hat plötzlich Wintermaße.
Der Schnee ist lautlos über Nacht gekommen. Kaum wollt ich noch an diesen Winter glauben, heut stehe ich am Fenster wie benommen und zähl die Flocken, die vom Himmel stauben.
So was wie Glück strömt mir durch alle Glieder. Noch einmal überlegt hat‘s sich der Winter. Ein Wunder, es geschieht doch immer wieder. Man kommt dem Wetter einfach nicht dahinter.
Ich denke mir, ich bin zu früh geboren. Was wusste ich von dieser Welt, dem Kriege, ich lag noch eingewindelt in der Wiege. Die falsche Zeit, die ich mir auserkoren.
Man kann in seinem Leben viel vergessen, die Bombennächte aber sind geblieben, ins kindliche Gedächtnis eingeschrieben. Was sonst geschah, das waren Petitessen.
Wir spielten unbeschwert in den Ruinen. Es war die Welt, die uns der Krieg geboten, die Welt der Häusertrümmer und der Toten. Sie lachte nicht, sie schien uns anzugrienen.
Dass nicht vergessen wird, wie wir mal waren, mit unserm Kohldampf, unsern Alltagssorgen, der Unbekümmertheit, dem Gruß ans Morgen - wir Trümmerkinder in den Nachkriegsjahren.
So lang ist’s her, kaum weiß ich dein Gesicht, dein Bild verschwimmt, da ist nur große Stille. Und auf dem Nachttisch liegt noch deine Brille. Zwei Jahre ohne dich – ich glaub es nicht.
Ach, halbwegs komm ich ja allein zurecht. Bei jedem Handschlag aber höre ich dich sagen: „Genier dich nicht, du kannst mich ruhig fragen.“ Nun, ohne dich, gestehe ich, geht’s schlecht.
Zuweilen fühl ich mich doch sehr allein. Es hilft ja nichts, ich will mich nicht beschweren. Ach, manchmal will ich bloß mein Herz entleeren, dann ist’s, als kämest du zur Tür herein.
Gestorben ist auch unser Dackelhund, er war ja alt, das weißt du sicher noch, war ja schon lange nicht mehr ganz gesund, jetzt liegt er auf dem Hundefriedhof doch.
Die Nachbarn aus dem Haus von nebenan, sie meinen, dass ich ziemlich tapfer bin. Nun auch der Hund! Wie man so leben kann! Das liegt nun mal in meinem Schicksal drin.
Jetzt weißt du, wie es ohne dich heut geht. Und klar, das ist von mir bloß eine Grille: Fritz, auf dem Nachttisch liegt noch deine Brille. Du lachst, verstehst wohl nichts von Pietät.
Wie angenagelt liegst du dann im Bett, ein Film vor den geplagten müden Augen. Na ja, denkst du, der Abend war ganz nett. Wird hoffentlich zu irgendwas mal taugen.
Die Herrschaft lud dich ein. Der Dichter schmückt. Du gabst dir mächtig Mühe, aufzutreten. Verhalten klatschte man und war entzückt. Du dachtest dir: So klatschen nur Ästheten.
Du fühltest deine Stunde, warst dankerfüllt. Dann gab es Tanz und nur vom besten Weine. Der ganze Saal war vornehm eingehüllt. Du stauntest bloß. Und fühltest dich alleine.
Die einen haben es, die andern nicht. Der Mensch wird klein bei diesen Superreichen, fühlt sich als monetäres Leichtgewicht. Woher die’s haben? Bleibt kein Fragezeichen.
Und du begreifst: Das Leben hält dich kurz. Der Schlaf kommt nicht, und die Gedanken kreisen. Du machst für dich persönlich Kassensturz. Dein halber Lebenszug ist vorm Entgleisen.
Es ist verhext: Man kriegt nie, was man will. Das liebe Geld. Den Rest lässt du für morgen. Auf einmal wird’s in dir ganz mäuschenstill, und du schläfst endlich ein, den Kopf voll Sorgen.
Am nächsten Morgen die Erkenntnis dann, der Geist noch frisch, vorbei sind die Gesichte: Bei Reichens ist der Dichter Hampelmann. Was zählt, ist Geld. So geht sie, die Geschichte.
Der Mensch ist nie zufrieden, er muss meckern. Da kriegt er nun die schönste Welt serviert – er will sie nicht, er kann sie nur bekleckern. Ob Mann, ob Frau – man weiß, wohin das führt.
Der kann ja gar nicht anders, sieht man doch. Wo der schon herkommt! Sollte sich was schämen. Der pfeift doch auf dem allerletzten Loch! Der kann doch nichts, der hat doch kein Benehmen.
Das Meckern geht uns langsam auf den Geist, der Mensch muss sich an alles bloß gewöhnen. Der soll mal kuschen! Und nicht ewig dreist bloß übers angenehme Leben stöhnen!